Bündnis 90/Die Grünen

Landkreis Passau

Bayerische Staatszeitung veröffentlicht vorsätzlich falsche Umfragen

Wochenzeitung wirbt ausgerechnet mit Einfluss in der Politik. Beschwerde beim Presserat

07.06.18 –

Neuer Wirbel bei Online-Umfragen: Die Bayerische Staatszeitung soll seit Jahren fragwürdig zustande kommende Umfrage-Ergebnisse als repräsentativ ausgegeben haben. Und seit Mitte Mai soll die Wochenzeitung darüber hinaus wiederholt und vorsätzlich falsche Umfrage-Ergebnisse veröffentlicht haben. Dies wirft Dirk Wildt, Vorsitzender der Passauer Landkreis-Grünen dem Chefredakteur der Zeitung, Ralph Schweinfurth, vor.

Den Wirbel ausgelöst hat Toni Schuberl. Dem niederbayerischen Spitzenkandidat der Grünen für die Landtagswahl im Herbst kam eine Umfrage zu Grenzkontrollen verdächtig vor: „Ist die manipuliert?“, fragte er Wildt, der vor dem Presserat erfolgreich Beschwerde gegen den Münchner Merkur geführt hat, weil jener sich geweigert hatte, eine manipulierte Umfrage zur 3. Startbahn am Münchner Flughafen aus dem Netz zu nehmen.

Die Bayerische Staatszeitung hatte zu Grenzkontrollen berichtet, ihre „Leser“ seien für eine Ausweitung. Sie hatte sich dabei auf eine ihrer wöchentlich durchgeführten Online-Umfragen berufen. „70 Prozent der User“ fänden einen entsprechenden Vorstoß gut, die CSU habe „einen Nerv getroffen“. Auf Nachfrage teilte die Staatszeitung mit, Basis seien rund 300 Stimmen gewesen. Wildt, hauptberuflich Software-Entwickler, testete daraufhin das Umfrage-Tool der Zeitung und stellte fest, dass jeder unbegrenzt abstimmen kann, der an seinem Internet-Browser eine vom Verlag abgelegte Datei (Cookie) löscht.

Bei seinen Tests steigerte der „User“ Wildt mit 140 Stimmen die Pro-Position zu Kindergeld-Kürzungen auf über 90 Prozent, machte mit 30 Stimmen aus der knappen Mehrheit gegen ein Verbot der Hobbyjagd eine knappe Minderheit und vergrößerte mit 50 Stimmen den Abstand von „Ankerzentren“-Befürwortern zu -Gegnern von 43 auf 56 Prozent – zu Gunsten der Befürworter. Jedes Mal informierte Wildt Chefredakteur Schweinfurth. Dieser telefonierte zwischendurch 25 Minuten mit Wildt, ließ sich erläutern, wie mehrfach abgestimmt werden kann und dass diese Umfragen und die Berichterstattung in seiner Zeitung gegen den Pressekodex verstoßen. Wildt wies auf die aktuelle Entscheidung des Presserats hin.

Doch die Bayerische Staatszeitung stoppte keine der kompromittierten Umfragen. Im Gegenteil: sie veröffentlicht die manipulierten Ergebnisse dauerhaft auf der Archiv-Seite ihrer Website und gab in ihrer Print-Ausgabe die falschen Ergebnisse als richtige aus. In einem Bericht zu den „Ankerzentren“ heißt es: Diese seien „sehr umstritten. In unserer Online-Umfrage halten sie jedoch knapp drei Viertel der User für eine gute Idee“. Etwa ein Zehntel dieser vermeintlichen „User“ war der Grüne Kommunalpolitiker Wildt.

Die Bayerische Staatszeitung verspricht mit ihren Media-Daten Anzeigenkunden unter anderem Einfluss in „Politik und Verwaltung“. Nach eigenen Angaben erreiche sie „Woche für Woche“ gut 16.000 Leser*innen in diesem Bereich. In staatlichen und kommunalen Behörden sei die Zeitung „zur Information der einzelnen Dienststellen“ in Umlauf. Bayerische Staatskanzlei und Landtagsverwaltung bestätigen auf Nachfrage, die Zeitung für interne Pressespiegel auszuwerten, mit denen unter anderem Ministerpräsident Markus Söder, Staatskanzleichef Florian Herrmann und die 180 Mitglieder des Bayerischen Landtags einen schnellen Überblick über relevante Berichterstattung erhalten sollen. „Ohne jede Frage beeinflusst die Wochenzeitung politische Entscheidungen“, sagt Dirk Wildt, „eine solche Zeitung darf nur mit repräsentativen Umfrage-Ergebnissen arbeiten, alles andere ist verantwortungslos.“

Wildt hat diese Woche Beschwerde beim Deutschen Presserat eingelegt. Auf 17 Seiten hat er die Manipulations-Möglichkeiten, die Manipulationen, unseriöse und falsche Umfrage-Ergebnisse in der Berichterstattung der Staatszeitung sowie den E-Mail-Verkehr mit dem Chefredakteur dokumentiert und seine Beschwerde begründet.

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Demokratie | Medien / Journalismus

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