28.05.25 –
„Die Herausforderungen sind enorm, doch die Integrierte Leitstelle in Passau ist dafür gut gerüstet.“ Auf diesen erfreulich einfachen Nenner lässt sich die Situation der ILS in Passau bringen. Gemeinsam mit Dieter Schlegl, dem Geschäftsleiter des Zweckverbands für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung und Sebastian Fehrenbach, dem Leiter der ILS diskutierten der Vizepräsident des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) Andreas Hanna-Krahl und die Kreistagsfraktion der Grünen über aktuelle und langfristige Herausforderungen für die Alarmierung unserer Feuerwehren, Rettungsdienste und Katastrophenschutzeinheiten.
Der Besuch des BRK-Vizepräsidenten Hanna-Krahl kam nicht von ungefähr. Denn das BRK übernimmt in Bayern rund drei Viertel aller Rettungsdienste, immer wieder auch in Kooperation mit weiteren Beteiligten, wie den örtlichen Feuerwehren. Betreiber der ILS Passau ist der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung selbst, erläutert Dieter Schlegl. Auch mehrere der insgesamt 26 Leitstellen in Bayern werden vom BRK im Auftrag des jeweiligen Rettungszweckverbandes betrieben. Die ILS Passau ist zuständig für die Kreisfreie Stadt Passau und für die Landkreise Freyung-Grafenau, Rottal-Inn und Passau, ein Gebiet von rund 3.685 km² mit fast einer halben Million Menschen. Der Aufwand für ein gutes Rettungssystem in diesem Gebiet ist enorm. Ein dichtes Netz von 20 rund um die Uhr besetzte Rettungswachen plus 15 Rettungswagen-Stellplätzen sowie 11 Notarztstandorten sichert das hohe Niveau ab, bei Bedarf wird zudem auch über die Grenze gefahren. Neben den klassischen Hilfsorganisationen sind im Rettungsdienstbereich Passau seit Jahren auch private Rettungsdienste in der öffentlich-rechtlichen Notfallrettung aber auch im privaten Krankentransport tätig. Das sei in Passau nicht anders als andernorts, bemerkte dazu Hanna-Krahl: „Das BRK steht immer und überall in der Pflicht, Private könnten sich stärker auf lukrative Rettungsdienste konzentrieren.“
Die ermittelten Einsatzzahlen der ILS Passau sind beeindruckend: 48.000 Notfalleinsätze, 42.000 Krankentransporte, 7000 Feuerwehreinsätze wurden über die ILS ausgelöst. Die Zahl der Meldeeingänge liegt mittlerweile bei knapp 300.000 pro Jahr mit deutlich steigender Tendenz; das sind über 800 je Tag, rund um die Uhr. „Darunter sind natürlich auch viele Fehlanrufe und Notrufmissbräuche, die meisten von diesen werden aber versehentlich durch das Handy ausgelöst, vorsätzliche Missbräuche sind die absolute Ausnahme,“ klärt ILS-Leiter Fehrenbach auf.
In der anschließenden Diskussion kamen verschiedene Einzelaspekte zur Sprache. Eike Hallitzky, Fraktionsvorsitzender und Kreisrat aus Neuburg am Inn, erkundigte sich nach der Häufigkeit der Einsätze auf der A3. Hintergrund: Zum einen klage die Wirtschaft über die zusätzlichen Staus an der Grenz-Kontrollstelle auf der A3, zum anderen würde der Verkehr sich dann durch „seine“ Gemeinde wälzen. Man müsse tatsächlich mit einem schweren Unfall je Monat im Bereich der Kontrollstelle rechnen, war die Antwort. Kreisrätin Jutta Koller fragte nach, ob die Patienten bei leichteren Verletzungen zur Verringerung von Kosten auch zum Hausarzt gefahren könnten? Fehrenbach verneinte dies: „Der Rettungsdienst darf Verletzte grundsätzlich nur in ein Krankenhaus fahren.“ Kreisrätin Brigitte Steidele lobte das neue Berufsbild des staatlich geprüften Disponenten. Es solle ja grundsätzlich das schnellste am Unfallort berechnete geeignete Fahrzeug zum als geeignet ausgeschauten Behandlungsort fahren. Welches Fahrzeug geeignet sei, das müsse deshalb in kürzester Zeit zuverlässig von den Disponenten in der Leitstelle entschieden werden, anhand der Angaben der oft aufgeregten Anrufenden. „Deshalb ist eine sehr gute Ausbildung der Disponenten für die Gesundheit der Betroffenen, aber auch aus finanziellen Gründen sehr, sehr wichtig,“ Der Beruf sei vielseitig, anspruchsvoll und attraktiv, ergänzten Schlegl und Fehrenbach. Bewerbungen gebe es in ausreichender Zahl.
Eine gewisse Unsicherheit gab es hinsichtlich des letzten großen Gesprächsthemas: der Zukunft. Grünen-Kreisrat Robert Steinbauer ist zugleich Verbandsrat im Rettungszweckverband. Er ist froh, dass die Entscheidung für die bauliche Vergrößerung der ILS im Zweckverband getroffen wurde: „Das ist ein großer Kraftakt, denn die bauliche Erweiterung muss ohne Förderung durch Bayern gestemmt werden.“ Schlegl unterstrich deren Notwendigkeit: „Die Arbeit wird immer mehr, hatten wir 2012 noch rund 180.000 Anrufe und Notrufe, so sind es 2024 100.000 mehr. Deshalb brauchen in der ILS künftig 22 statt der bisherigen 16 Plätze. Künftig sollen es 11 Einsatzleitplätze und 11 Ausnahmeabfrageplätze für große Schadenslagen mit sehr hohem Notrufaufkommen werden.“ Bis 2027 müssten zudem Hardware und Software ausgetauscht bzw. erweitert werden. „Das reicht dann wieder für zehn Jahre“, so Fehrenbach. Wie die ILS aber in ferner Zukunft angesichts von Künstlicher Intelligenz, vorschreitender Digitalisierung und zunehmenden Möglichkeiten von Homeoffice aussehen wird, darüber mag keiner der Experten eine sichere Prognose abgeben. Vielleicht werden die Dispositionen dann von zuhause in einer virtuellen ILS und mit Unterstützung von KI durchgeführt, wie Hanna-Krahl nicht ausschließt. Fehrenbach hält das eher für unwahrscheinlich: „Die Möglichkeit zur schnellen Kommunikation der Disponenten untereinander ist notwendig für die Qualität der ILS. Auch deshalb halten wir das Konzept der Integrierten Leitstelle in Passau für absolut zukunftstauglich.“
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