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23.02.15 –
Sehr geehrter Herr Landrat,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
erlauben Sie mir zwei Vorbemerkungen:
Erstens: Vor zwei Jahren hatte die Landkreisspitze verbreitet, der Landkreis werde in den nächsten 15 Jahren seine Schulden halbieren. 2 Jahre sind seither vergangen und wir sind von einer Halbierung der Schulden weiter weg als je zuvor. Also bitte mehr Vorsicht mit derartigen Versprechungen!
Zweitens: Ich hatte meine letztjährige Rede überschrieben mit "Die Senkung der Kreisumlage ist falsch." Und wörtlich weiter: "Tatsache ist doch, dass wir den einen Prozentpunkt, um den wir für die Gemeinden heute die Kreisumlage senken werden, dass wir diesen den Gemeinden im nächsten Jahr wieder abnehmen müssen, um den Kreishaushalt einigermaßen im Lot zu halten."
So falsch die Senkung im letzten Jahr war - auch angesichts der absehbar steigenden Bezirksumlage -, so notwendig ist die Rücknahme dieser Senkung in diesem Jahr.
Führen wir uns doch bitte einmal die Fakten vor Augen.
a) Zu den für Ende dieses Haushaltsjahres geplanten Schuldenstand in Höhe von rund knapp 45 Mio Euro kommen weitere Verbindlichkeiten bei ausgelagerten Betrieben und Einrichtungen in noch etwas größerer Höhe. Ich nenne hier nur die Schulden in jeweils zweistelliger Millionenhöhe bei
· der Krankenhaus GmbH
· der Kreiswohnungsbau
· sowie beim Berufsschulzweckverband,
b) Zudem stehen wie vor großen Aufgaben, die mit Millionenausgaben für den Landkreis verbunden sein werden. Ich nenne nur:
· die Fertigstellung des Landratsamtes in Salzweg,
· der Neubau der Berufsschule in Vilshofen,
· die Totalsanierung des Gymnasiums Untergriesbach,
· die unstrittig notwendige weitere Förderung des Breitbandausbaus,
· die Instandhaltung unseres Straßennetzes, für das wir dauerhaft jährlich eine weitere Million brauchen werden,
· die Sanierung der Brücken im Kreisstraßennetz, wo mir ebenfalls mittelfristig Übles schwant.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Kosten entstehen für unseren Landkreis auch dadurch, dass wir in der Flüchtlingspolitik - über die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz hinaus - die Finanzierung von Aufgaben übernehmen, die rein staatliche Aufgaben sind, wo die Bayerische Staatsregierung aber die Finanzierung verweigert.
· Die Staatsregierung zahlt nicht für die für jede Integration notwendigen Deutschkurse. Der Landkreis auch nicht. Hoffen auf Ehrenamtliche ist aber keine verantwortungsvolle Politik.
· Die Staatsregierung zahlt nicht für die mit der Zahl an Flüchtlingen verbundenen erhöhten Verwaltungskosten des Landkreises.
· Die Staatsregierung zahlt nicht für die Betreuung der Flüchtlinge in dezentralen Einrichtungen. Hier übernimmt der Landkreis z.B. die Bezahlung des Betreuungspersonals für die Flüchtlinge in Fürstenzell.
Wir wissen sehr wohl über die Stärke des auf Harmonie bedachten Stils unseres Landrates nach innen. Die Grünen würden sich aber sehr wünschen, dass vom Landrat des größten ostbayerischen Landkreises nicht die Staatsregierung aus Parteiräson dort gelobt und geschützt wird, wo es nichts zu loben und zu schützen gibt.
Wir erwarten Klartext gegenüber München z.B.
· bei der Finanzierung der Flüchtlingsbetreuung durch den Freistaat,
· bei der staatlichen Förderung von Hochwasserschutzmaßnahmen - ich nenne nur die Situation in Erlau,
· zur Umsetzung der Forderung nach einem ÖPNV-Probebetrieb der Ilztalbahn
· als Widerspruch gegen die 10h-Regelung, die der Windenergie in unserem Landkreis den Garaus macht
· oder bei der Forderung nach einer Reform des kommunalen Finanzausgleich zugunsten der strukturschwachen Regionen. Das Finanzausgleichsgesetz in seiner bisherigen Form lässt reiche Zuwanderungsregionen reich, während arme Abwanderungsregionen immer mehr finanzielle Probleme bekommen.
Warum stimmen die Grünen dem Haushalt zu?
· Die Grünen unterstützen ausdrücklich, dass sich unser Landkreis massiv in Sachen Breitband und Energiewende engagiert - auch oder besser: gerade weil wir hier vieles ausgleichen müssen, was die Landespolitik versäumt. Und wir sind selbstbewusst genug, um den Anstoß und viele Impulse zu dieser richtigen Politik auch an unsere eigenen Fahnen zu heften. Unser ganz herzlicher Dank gilt hier den Herren Kaiser und Ranzinger für ihre super Arbeit und den Altvorderen Kohl, Gschwendtner und Dr. Huber für ihre politische Vorarbeit.
· Die Grünen stehen zudem uneingeschränkt zur Verantwortung für unsere Schulen. Alles was pädagogisch notwendig ist, werden wir bereit stellen.
· Wir unterstützen die seniorenpolitischen Bemühungen und vor allem die Anstrengungen des Landkreises seine Attraktivität für junge Menschen zu erhöhen.
Bildungsmöglichkeiten, Arbeitsplatzangebot und schnelles Internet sind zwar zentrale Faktoren für die Wahl des Lebensortes. Doch das alleine reicht nicht aus, junge Menschen zu motivieren, in der Region zu bleiben. Es gibt da ein sehr interessantes Papier der KLJB, in dem die große Bedeutung sozialer und kultureller Faktoren herausgearbeitet wird. Hier haben wir wohl noch etwas nachzuarbeiten.
· Wir begrüßen die ÖPNV-Initiative des Landkreises, auch wenn wir an einigen Punkten, wie bei der Frage eines regionalen Verkehrsverbundes mit der Stadt Passau und den Nachbarlandkreises oder der Integration bestehender Bahnstrecken einige Erweiterungsvorschläge haben.
· Der Kreis baut - jenseits von Maßnahmen zur Entschärfung lokaler Unfallschwerpunkte - fast keine eigenen Straßen mehr. Auch das finden wir gut.
Aber:
# Die Förderung des Flugplatzes Vilshofen,
# die Forderung nach neuen Straßen, soweit sie von Bund oder Land gezahlt werden müssten,
# die Leidenschaft, mit der der Landrat immer wieder den Autobahnzubringer-Zweckverband verteidigt,
dies alles spricht allerdings dafür, dass hinter dieser klugen, neuen und grüngewendeten Kreisstraßen-Politik eher Finanzknappheit steht als bessere Einsicht.
Deshalb nochmals in aller Klarheit: Wenn wir mit unseren knappen Landkreismitteln unsere Straßen - und wir haben ja wirklich keinen mittelalterlichen Ausbauzustand, sondern bereits das längste Kreisstraßennetz aller bayerischen Landkreise - in Schuss halten können, haben wir hier unsere Aufgaben gut erfüllt.
Einige andere Aufgaben des Landkreises werden nach Auffassung der Grünen Kreistagsfraktion bisher auch nur sehr zögerlich oder auch gar nicht angegangen:
· Wir wollen den Flächenfraß im Landkreis drastisch verringern, das erfordert klare Botschaften auch gegenüber den Bürgermeistern.
· Wir wollen eine Kooperation, zumindest einmal Gespräche zwischen den Gesundheitseinrichtungen von Stadt und Landkreis, wozu die Neubesetzung in der Führung des Klinikums Passau eine Chance bietet.
· Wir unterstützen den Bau eines Frauenhauses für die Region und meinen, dass sich der Landkreis hier vorne dran stellen sollte.
· Wir sehen in einer stärkeren Unterstützung für Bioregio eine Chance für Verbraucher, wie auch für unsere Bäuerinnen und Bauern.
Ich will es mal bei diesen wenigen Beispielen bewenden lassen, die zeigen, dass - auch unter unserem Einfluss - manches in diesem Landkreis durchaus in die richtige Richtung läuft, auch wenn noch viele Aufgaben hin zu einer wirklich nachhaltigen Kreispolitik vor uns liegen.
Und weil das so ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, stimmen die Grünen dem Haushalt zu.
Mit dieser Zustimmung verbinden wir natürlich auch die Hoffnung, dass sich der Landkreis künftig noch ein wenig stärker in die von uns skizzierte Richtung bewegen wird.
Und wir erkennen mit unserer Zustimmung auch die gute Arbeit unseres Kreiskämmerers Herrn Dorschner und seines Teams und - ich denke dazu ist heute die richtige Gelegenheit - die gute Arbeit der vielen starken Persönlichkeiten in unserer gesamten Landkreisverwaltung an.
Vielen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landkreisverwaltung!
Und vielen Dank an die Mitglieder des Kreistages für die in aller Regel sehr konstruktive Zusammenarbeit!
Eike Hallitzky
Fraktionssprecher der Grünen im Passauer Kreistag
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