Bündnis 90/Die Grünen

Landkreis Passau

Wo bleibt der Naturschutz?

Flächenversiegelung und Naturschutz spielen im Landkreis offensichtlich keine Rolle, wenn nur einer "Gewerbegebiet!" ruft. Toni Schuberl fordert mehr Ernsthaftigkeit vom Landrat, um das bisherige Übermaß an Naturzerstörung zu begrenzen.

15.09.14 –

Sehr geehrter Herr Landrat,

mir war durchaus bewusst, dass Sie nicht den gesamten, sehr umfangreichen Fragenkatalog vollständig und lückenlos beantworten können, da es sich teilweise um sehr detailierte Fragestellungen handelt. Dies hatte ich auch nicht erwartet. Dass Sie jedoch keine einzige meiner konkreten Fragen zu Gewerbegebieten beantworten konnten, ist schockierend.

Ziel meiner Anfrage war es, mir selber Klarheit darüber zu verschaffen, ob die exzessive Ausweitung immer weiterer Gewerbegebiete im Landkreis Passau einen nachvollziehbaren, logischen Grund hat, ob damit also wirklich soviele Arbeitsplätze und Wirtschaftsleistung geschaffen werden, wie immer behauptet.Oder ob hier einfach jedes Gewerbegebiet, egal wie groß es ist und unabhängig von der Nachfrage genehmigt wird. Ich hatte dabei erwartet, dass Sie wenigstens den Versuch unternehmen, mir die Entwicklungsstrategie des Landkreises zu erklären und darzulegen, welche positiven Effekte die Gewerbegebiete haben.

Jetzt muss ich leider feststellen, dass es gar keine Entwicklungsstrategie des Landkreises gibt. Das Landratsamt hat offensichtlich keine Zahlen und damit auch keinen Überblick über Ausmaß und Anzahl an Gewerbegebieten, über die Nachfrage der Betriebe, über die Auslastung der Gebiete und nicht einmal eine Ahnung davon, wie die Ausweisung eines Gewerbegebiets die Entwicklung von Wirtschaft und Arbeitsplätzen bei uns beeinflusst. Damit bestätigen Sie, Herr Landrat, dass einfach alles ausgewiesen wird, was ausgewiesen werden kann, dass unsere Landschaft versiegelt wird, egal ob eine Nachfrage durch Betriebe besteht oder nicht. Ohne irgendeine Faktengrundlage wird einfach behauptet, dass durch die Ausweisung eines Gebietes Arbeitsplätze und Wirtschaftsleistung gesteigert werden.

Wir befinden uns in einem ruinösen Kampf der Gemeinden um bereits bestehende Betriebe. Boden, Landschaft und Natur werden verramscht, um soviel Gewerbe wie möglich von den Nachbargemeinden abzuwerben. Egal ob Gebiete in der Nachbarkommune leer stehen, jede Gemeinde will ihr eigenes und am besten ein noch größeres Gewerbegebiet. Und wirbt man dann ein Unternehmen ab, preist man die scheinbare Schaffung von Arbeitsplätzen. Hier wäre es die Pflicht des Landrates, steuernd einzugreifen.

Das Landratsamt ist Genehmigungsbehörde für Flächennutzungspläne, aus denen heraus die Gemeinden ihre Bebauungspläne entwickeln können. Es ist auch Genehmigungsbehörde für Bebauungspläne, die ohne Flächennutzungsplan entwickelt werden. Das heißt, dass bei jeder Ausweisung eines Gewerbegebietes das Landratsamt irgendwann die Voraussetzungen zu prüfen und eine Entscheidung zu treffen hat. Dabei muss es auch prüfen, ob sparsam mit Grund und Boden umgegangen wird.

Wie aus Ihrer Antwort hervorgeht, entscheiden Sie hierbei ohne jedes Faktenwissen. Dabei frage ich mich, wie Sie diese komplizierte Abwägung zwischen Natur und Gewerbegebiet überhaupt treffen können, wenn Sie den Nutzen eines Gewerbegebietes überhaupt nicht kennen? Wie können Sie entscheiden, dass Natur und Landschaft ausnahmsweise zurückzustehen haben? Werden im Landratsamt Passau einfach pauschal Gewerbegebiete wichtiger als unsere Landschaft gesehen, auch wenn gar keine Nachfrage mehr danach besteht?

Sie genehmigen Flächennutzungspläne und Baugebiete ohne Flächennutzungspläne, sie entscheiden über die Zerstörung von Biotopen, Sie bestimmen Art und Anzahl der Ausgleichsmaßnahmen, Sie entscheiden teilweise auch über den Ausbau von Erschließungsstraßen. Und dann wissen Sie nicht einmal, wieviele Gewerbegebiete es im Landkreis Passau gibt. Sie wissen nicht, wie viele Biotope zerstört wurden. Sie wissen nicht, welche Ausgleichsmaßnahmen angeordnet wurden.

Jeder Quadratmeter landwirtschaftliche Fläche bringt durchschnittlich soviel Ertrag, dass 15 Semmeln gebacken werden können. Im Landkreis Passau wird durchschnittlich jeden Tag ein halber Hektar versiegelt, also täglich die Grundlage für 75 000 Semmeln zerstört. Und Sie haben angeblich nicht die personellen Kapazitäten, um einen Serienbrief an alle 38 Gemeinden zu senden, mit der Bitte um Beantwortung meines Fragenkatalogs in Hinblick auf das jeweilige Gemeindegebiet, und danach die eingegangenen Zahlen zusammen zu rechnen.

Das ist politischer Blindflug zu Lasten unserer ökologischen aber auch finanziellen Ressourcen.

Ich bitte Sie, sich in Zukunft ernsthafter mit der Frage auseinanderzusetzen, wie die Notwendigkeit von neuen Gewerbegebieten zentral im Landratsamt geprüft werden kann und welche Zahlen hierfür erhoben werden müssen. Wir brauchen einen Landrat, der nicht nur berät, sondern auch steuernd eingreift, wenn es eine Fehlentwicklung gibt.

Mit freundlichen Grüßen

Toni Schuberl

 

Kategorie

Umwelt

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