Bündnis 90/Die Grünen

Landkreis Passau

"Wir kämpfen für unser Natur-Kleinod"

Bundesverkehrswegeplan gibt Nordtangente Bestnoten - Bürgerinitiative will sich mit allen Mitteln gegen das Brücken-Projekt wehren

02.04.16 –

Eigentlich wollte sie nur schnell vorbei joggen. Vorbei an den beiden Männern, die hier hoch über der Ilz anscheinend für ein Urlaubsfoto in malerischer Natur posieren. Doch dann sieht die Joggerin das knallrote Plakat, das die beiden Männer dabei haben. Eine Säge zerschneidet darauf eine stilisierte Flusslandschaft. "Bürgerinitiative Natur ja - Nordtangente nein!" steht daneben. Die Joggerin stoppt. "Da müsste man eigentlich was tun", sagt sie. "Jetzt ist wieder eine gefährliche Zeit." Und bevor sie weiterläuft: "Zu Hause unterschreibe ich gleich die Petition." Die beiden Männer, Martin Ziegler, Vorstandssprecher der Bürgerinitiative, und der Grünen-Landesvorsitzende Eike Hallitzky grinsen. "Die haben wir jetzt aber nicht herbestellt", meint Hallitzky.

"Dem überwiegenden Teil der Passauer Bevölkerung ist bewusst, dass ihnen durch die Nordtangente etwas ganz Großes verloren gehen würde", ist Martin Ziegler überzeugt. Die Joggerin sei da nur ein weiteres Beispiel. "Damit würde ein wahrer Schatz vor den Toren der Stadt unwiederbringlich zerstört." Schockiert sei er deshalb gewesen, so der BI-Sprecher, dass die Nordumfahrung im aktuellen Entwurf des Bundesverkehrswegeplans (BVWP) Bestnoten in Sachen Nutzen-Kosten-Verhältnis bekommen habe. "Die Nordtangente ist die Untote der Passauer Politik - sie taucht immer wieder auf."

"Ich konnte das nicht glauben", erzählt Grünen-Politiker Hallitzky über seine erste Reaktion zum BVWP. "Die Nordtangente wurde vom Bund Naturschutz schon vor zwei Jahren als eines der zwölf unsinnigsten Vorschläge für den Bundesverkehrswegeplan genannt. Das Projekt ist ökologisch, verkehrspolitisch, einfach in jeder Hinsicht Schwachsinn."

Wie auch OB Jürgen Dupper bezweifelt Hallitzky, schon 1991 Gründungsmitglied der Bürgerinitiative gegen die Nordtangente, die verkehrsentlastende Wirkung des Brückenprojekts über Ilz und Gaißa und die Zahlen, die die BVWP-Experten für ihre Berechnungen ansetzen. 19000 Fahrzeuge würden demnach die neue Trasse täglich nutzen. "Ich frage mich, wo diese Autos herkommen sollen. Von dem Verkehrsvolumen und von den Verkehrsberechnungen ist das in keinster Weise nachvollziehbar", so Hallitzky. "Da wurde hanebüchen gearbeitet."

Dem stimmt Martin Ziegler ausdrücklich zu. Er zitiert das Gutachten der TU München aus dem Jahr 2008, wonach aus dem Raum Hauzenberg und östlich davon täglich nur 280 Fahrzeuge über Passau von und zur Autobahn fahren würden. Der Sprecher der Bürgerinitiative verweist zudem auf die Verkehrszählung an den Zufahrtsstraßen. Sie stelle klar, dass nur 6,8 Prozent des Verkehrs in Passau Durchgangsverkehr ist. "Für den aktuellen Verkehrsentwicklungsplan der Stadt wurde gutachterlich festgestellt, dass nur 2200 Fahrzeuge durch eine Nordtangente einen Zeitvorteil hätten", sagt Ziegler. "Die Menschen sehen nicht ein, warum sie deshalb ihre Flusstäler opfern sollen."

Dass die Nordtangente bei vielen Kommunalpolitikern aus dem östlichen Landkreis dagegen äußerst beliebt ist, ist auch kein Geheimnis. Erst letzte Woche trafen sich Bürgermeister, Landtagsabgeordnete und Bezirksräte, um die Vorteile einer Umgehungsstraße um Passau für die Region zu betonen. Der östliche Landkreis müsse dringend besser an die A3 und die künftige A94 angebunden werden, um nicht abgehängt zu werden. So sieht das auch Landrat Franz Meyer, ein großer Befürworter des Projektes.

Er könne diesen Wunsch nach einer Stärkung des ländlichen Raums absolut nachvollziehen, sagt Eike Hallitzky. Allerdings würden die Befürworter der Nordtangente aus dem östlichen Landkreis einen schweren Denkfehler begehen. "Eine einfache Straße von der Peripherie ins Zentrum hat wie in der Landwirtschaft einen Drainage-Effekt. Dazu gibt es viele Studien", so der Grünen-Politiker. "Die Leute sind dann bereit, noch weiter zu pendeln, sie fahren noch mehr in die Stadt und suchen dort ihre Arbeitsplätze." Die Konsequenz sei, dass die Versorgungsinfrastruktur in der Peripherie geschwächt werde. Die Region würde ausbluten. "Der erhoffte Effekt, dass sich Wirtschaft ansiedelt und dass man den Menschen in Wegscheid oder Untergriesbach etwas Gutes tut, wird nicht eintreten."

Dass die propagierte Nordtangenten-Alternative Georgsbergtunnel im Referentenentwurf zum BVWP gar keine Berücksichtigung findet, das ist bei vielen Kommunalpolitikern auf Verwunderung, ja Verärgerung gestoßen. Die Passauer Liste hat deshalb gerade den Antrag gestellt, dass der Stadtrat gegenüber dem Bundesministerium mit Nachdruck deutlich machen solle, dass der Georgsbergtunnel für Passaus künftige Entwicklung, insbesondere unter dem Aspekt latenter Hochwassergefahr, von höchster Bedeutung sei.

Martin Ziegler und Eike Hallitzky sehen die Alternative Tunnel dagegen skeptisch. "Die Kosten sind da unkalkulierbar", sagt Hallitzky. Er plädiere stattdessen für verbesserte Park-and-Ride-Möglichkeiten, einen Ausbau des Personennahverkehrs, endlich müsse man etwa einen Verkehrsverbund Stadt-Land hinbekommen, und eine verbesserte Verkehrslenkung.

Die Nordtangente werde man jedenfalls weiter mit allen Mitteln bekämpfen. Am 16. April ist eine große Kundgebung im Klostergarten geplant. "Es gibt in Passau, aber auch in Salzweg und Tiefenbach eindeutig Ratsbeschlüsse gegen die Nordtangente. Es wäre ein einzigartiger Fall, dass eine Umgehungsstraße gebaut wird, wo keine der betroffenen Kommunen sie will", sagt Eike Hallitzky. "Deshalb kann ich mir auch nicht vorstellen, dass sie jemals kommen wird."

Quelle: Passauer Neue Presse 02.04.2016
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Kategorie

Umwelt | Verkehr

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