Bündnis 90/Die Grünen

Landkreis Passau

Unternehmer kontra Grünen-Chef

Karl Wißpeintner und Eike Hallitzky im Streitgespräch über Klimapolitik – Angst vor Systemänderung und Kritik an zu geringem Willen

27.01.20 –

Das häufige Knistern des Brennholzes in der offenen Feuerstelle im Büro von Rudolf Fellner, Inhaber der FMC Personal- und Unternehmensberatung und Gastgeber, hat perfekt zur teils recht aufgeheizten Stimmung beim traditionellen "Kamingespräch" des Wirtschaftsbeirats Bayern, Bezirk Passau, gepasst. Ein auf weiten Strecken sehr emotional geführtes Streitgespräch um die Klimapolitik lieferten sich Unternehmer Karl Wißpeintner (Micro-Epsilon) und Eike Hallitzky (Grünen-Landesvorsitzender). "Ich halte es für gefährlich, wenn Grün zur Religion wird", sagte Wißpeintner, während Hallitzky von einer Blockade-Haltung der Staatsregierung gegen den Bau von Windrädern zur erneuerbaren Stromversorgung sprach.

"Klimapolitik und eine starke Wirtschaft – wie geht das zusammen", stellte Prof. Dr. Werner Gamerith von der Universität Passau, Präsident der Geographischen Gesellschaft Passau (GeoComPass), als Thema vor. Obwohl er den Klimawandel durchaus sehe, unterstütze er nicht die Radikalität der Herangehensweise der Grünen an die Erarbeitung von Lösungen, weil er der Überzeugung sei, "dass daran unsere Wirtschaft zerbricht", bekundete Karl Wißpeintner. "Wir brauchen Zeit", fügte der Unternehmer hinzu, beispielsweise beim Umbau der Automobilindustrie. Zum Diesel-Antrieb gibt es nach Ansicht des Micro-Epsilon-Chefs "kein anderes Alternativ-Fahrzeug".

Die Debatte um Elektro-Autos werde extrem eindimensional geführt, so der Diskutant aus Ortenburg. Elektro-Fahrzeuge enthielten im Akku so viel mehr CO2, merkte er ergänzend an und äußerte Bedenken wegen der Batterie-Wechselzyklen. Wißpeintners Rat an die Pkw-Besitzer für die Gegenwart: "Fahren’s Ihr Auto etwas länger."

Zweifel meldete der Unternehmer auch gegenüber synthetischen Kraftstoffen an, weil deren Gewinnung den achtfachen Energie-Einsatz benötige. Das Flottenverbrauchsziel von 2,4 Litern pro hundert Kilometer bis 2030 zu erreichen, damit sei die deutsche Autoindustrie ohne den Diesel-Motor überfordert. Vor allem auch die Produktionsprozesse seien sehr stark CO2-belastet. Eine Umkehr erachtete Wißpeintner als wesentlich schwieriger als einst den Start der Dampfmaschine. Die Strategie der Grünen erzeugt bei ihm "Angst vor einer Systemänderung", gestand der vielfach ausgezeichnete Unternehmer, der Micro-Epsilon mit heute über 1100 Beschäftigten in Ortenburg (Lkr. Passau) aufgebaut hat, ein. Für die Nutzung erneuerbarer Stromquellen vermisste er vor allem ausreichende Speicherkapazitäten.

Die Grünen seien gegenwärtig so stark, weil sie die Zuversicht verbreiteten, dass die Wende in der Klimapolitik gelingen könne, "weil sie gelingen muss", unterstrich Grünen-Chef Eike Hallitzky. Die Verlässlichkeit, Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit seiner Partei bei der Thematik lasse sich nicht so leicht kopieren. Hart ins Gericht ging der Grüne aus Neuburg am Inn mit der sogenannten 10H-Regelung der Bayerischen Landesbauverordnung, wonach Windkraftanlagen einen Mindestabstand vom zehnfachen ihrer Höhe zu Wohngebäuden einhalten müssen. Obwohl die Mehrheit der Bevölkerung die Errichtung von Windrädern befürworte, sei sie daher nicht mehr möglich. Diese gesetzliche Vorgabe ist in seinen Augen ein "Verbot, das gegen die Umwelt gerichtet ist".

Hallitzky formulierte es als Aufgabe der Politik, dafür zu sorgen, dass in der Bevölkerung die Akzeptanz für erneuerbare Energien erhöht werde – "durch ökonomische Anreize". Die Preise auf diesem Sektor müssten "die ökologische Wahrheit widergeben". Der Grünen-Sprecher vermisste zugleich entsprechende Investitionen in die Forschung. "Es gibt in ganz Bayern keinen einzigen Lehrstuhl für Klimaschutz-Technologien", monierte Hallitzky. Eine zu hundert Prozent erneuerbare Energieversorgung wäre jedoch überhaupt kein Problem, "wenn wir’s denn wollen", so eine seiner Thesen vor rund 20 Zuhörern aus Politik und Wirtschaft. Dieser Wille müsse nur der Bevölkerung aktiv kommuniziert werden. Hallitzky verteidigte auch die Strategie der schwedischen Klima-Aktivistin Greta Thunberg. Die Schulstreiks seien "berechtigt und bitter notwendig für die Zukunft unserer Gesellschaft", hob der Grüne hervor.

Das "Fass" Landwirtschaft machte Zuhörer Georg Adam Freiherr von Aretin auf, der den "pauschalen Schlenkerer" der Grünen auf die Bauern heftig anprangerte. Der Brauerei- und Grundbesitzer aus Aldersbach formulierte mit Blick auf Eike Hallitzky die Feststellung, "wir waren viel, viel grüner und eher grün als alle Grünen miteinander." Zum Schluss einigte sich die Runde dann doch darauf, alle miteinander dafür zu kämpfen, dass die Wende in der Klimapolitik gelingt.

Quelle: Passauer Neue Presse vom 23.01.2020
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Kategorie

Wirtschaft

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