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24.02.14 –
Sehr geehrter Herr Landrat,
"¨liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich erinnere mich, wie ich im letzten Jahr kritisiert habe, dass seitens der Landkreisspitze verbreitet worden war, der Landkreis werde in den nächsten 15 Jahren seine Schulden halbieren.Wenn wir heute die Zahlen des Kreishaushaltes anschauen, dann müssen wir feststellen, dass es sich dabei genauso um eine Art Illusionstheater gehandelt hat wie die relativ lockere Art, mit der Kollege Prügl auf die ödp-Kritik an der Schuldensituation reagiert hat.
Tatsache ist doch, dass wir den einen Prozentpunkt, um den wir für die Gemeinden heute die Kreisumlage senken werden, dass wir diesen den Gemeinden in den nächsten Jahren wieder abnehmen müssen, um den Kreishaushalt einigermaßen im Lot zu halten.
Führen wir uns doch bitte einmal die Fakten vor Augen.
a) Der aktuelle Schuldenstand beträgt rund 211 Euro je LandkreisbürgerIn. Hinzu kommen allerdings - und dies wir allzu gerne übersehen - weitere Schulden bei ausgelagerten Betrieben und Einrichtungen in noch weit größerer Höhe. Ich spreche hier über
"¢ Schulden der Krankenhaus GmbH in Höhe von rund 16 Mio, für die vollständig haften,
"¢ Schulden des Berufsschulzweckverbandes von 12 Mio, die wir zum Großteil als Landkreis tragen
"¢ Schulden der Kreiswohnungsbau (56% von 18 Mio)
"¢ Schulden des Rettungszweckverbandes usw. usf.
In Summe kommen wir auf einen "ehrlichen" Schuldenstand, der bei knapp 500 Euro je Person liegt. Das ist dann doch schon eine ganz andere Größe.
b) Zudem stehen wie vor großen Aufgaben, die - auch wenn es außer für das Landratsamt dafür erhebliche Förderungen gibt - mit Millionenausgaben verbunden sein werden. Ich nenne nur:
"¢ die Fertigstellung des Landratsamtes in Salzweg,
"¢ der Neubau der Berufsschule in Vilshofen, der für die Berufsschule, für die Attraktivität des Landkreises aber auch für die größte Stadt im Landkreis existentielle Bedeutung hat, dessen Kosten von geschätzt 40 Mio aber wohl ebenfalls in zweistelliger Millionenhöhe am Landkreis hängen bleiben werden,
"¢ die Totalsanierung des Gymnasiums Untergriesbach, deren Kosten auch jenseits der 10 Mio liegen wird,
"¢ die unstrittig notwendige weitere Förderung des Breitbandausbaus,
"¢ die Instandhaltung unseres Straßennetzes, für das wir dauerhaft jährlich eine weitere Million brauchen werden,
"¢ die anstehenden Maßnahmen am Maristengymnasium Fürstenzell,
"¢ die Sanierung der Brücken im Kreisstraßennetz, wo mir ebenfalls mittelfristig Übles schwant.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ein Haushalt, der schon zu Beginn einer Investitionsphase absolut auf Kante genäht ist, der steht auf sehr schwankendem Grund. Wäre ich Rechnungsprüfer, so würde ich feststellen, dass mit Beginn der Tilgungsphase der kommenden Großprojekte eine Erhöhung der Kreisumlage unumgänglich werden wird, wenn der Landkreis nicht in eine finanzielle Schieflage kommen soll.Das muss all jenen Bürgermeistern klar sein, die heute darüber jubeln, dem Landkreis eine Senkung der Kreisumlage um 1% abgetrotzt zu haben. Und wer in dieser Situation noch glaubt, die Kreisschulden würden in 15 Jahren halbiert sein, der ist nicht optimistisch, sondern der ist naiv.
Kurz und gut, die Grünen halten die Senkung der Kreisumlage für falsch.
Wir halten Sie auch für falsch, weil sie ein falsches Signal nach München sendet.Falsch deshalb, weil wir damit signalisieren, dass es dem Landkreis finanziell besser geht, als es tatsächlich der Fall ist.
Unsere Aufgabe müsste es doch vielmehr sein, gegenüber der Staatsregierung klar und deutlich zu sagen: Das Grenzland kommt nicht aus mit dem Geld, dass ihnen der Großmeister der Nürnberger Metropolregion Söder, gnädigerweise überlässt.
Unsere Aufgabe muss sein, in München massiv zu fordern:
"¢ Reformiert den kommunalen Finanzausgleich, das Geld reicht dem Landkreis Passau wie allen ostbayerischen Kommunen hinten und vorne nicht!
"¢ Hört auf damit, den Staatshaushalt auf Kosten der Kommunen zu sanieren!
Denn Tatsache ist:
"¢ Bayerns Kommunen werden im FAG im Vergleich der Bundesländer sehr kurz gehalten, was vor allem im ländlichen Raum Ostbayerns vielen Kommunen die Luft zum Atmen nimmt.
"¢ Dabei werden die derzeitigen Strukturen des Finanzausgleichs die demographisch bedingten Finanzprobleme auch in unserem Landkreis zusätzlich verschärfen. Reiche Zuwanderungsregionen bleiben reich, arme Abwanderungsregionen bekommen immer mehr finanzielle Probleme.
"¢ Zudem führt die nach wie vor praktizierte sogenannte Einwohnerveredelung innerhalb Bayerns zu einer Benachteiligung der strukturschwachen Räume.
Fazit: Aus Sicht des ostbayerischen Grenzlandes ist es absolut zwingend, stärker von reichen hin zu strukturschwachen Regionen umzuverteilen. Deshalb wäre es an dieser Stelle auch erfreulich, wenn der Landrat des größten ostbayerischen Landkreises hier manchmal etwas lauter würde in München.
Aus alle den genannten Gründen sagen die Grünen: Vor diesen dramatischen Perspektiven ist die Senkung der Kreisumlage ein falsches Signal nicht nur an unsere Landkreisgemeinden sondern an die Öffentlichkeit und an die Bayerische Staatsregierung.
Wenn wir dem heutigen Haushaltsentwurf trotzdem zustimmen werden, so liegt das an zwei Punkten:
"¢ erstens bleibt das Geld innerhalb unserer kommunalen Familie im Landkreis Passau, wenn der verschuldete Landkreis trotz anstehender Großinvestitionen zugunsten seiner ebenfalls verschuldeten Kommunen kurzfristig auf gut 1,5 Mio Euro verzichtet.
"¢ Zweitens und das ist das wichtigere Argument, geht es bei der Haushaltsabstimmung ja nicht nur um die Frage der Einnahmen sondern auch darum, ob die Ausgaben des Landkreises in einer Weise zu kritisieren sind, die eine Ablehnung des Gesamtpaketes rechtfertigen würde.
Natürlich gäbe es hier manches, was wir Grünen an der Politik in unserem Landkreis nicht gut finden, ich erwähne beispielhaft nur den ungebremsten Flächenverbrauch in unserem Landkreis, der auch dem eben gefassten Beschluss zum Hochwasserschutz diametral widerspricht.
Oder man könnte hier anführen, dass es bis heute nicht ernsthaft versucht wurde, eine Marke "Passauer Land" zu entwickeln.
Oder wir könnten kritisieren, dass die Tourismus-Zusammenarbeit zwischen Stadt und Land verbesserungsdenkbar ist.
Ich will aber stattdessen an dieser Stelle das Positive betonen.
Die Grünen unterstützen ausdrücklich, dass sich unser Landkreis massiv in Sachen Breitband und Energiewende engagiert - auch oder besser: gerade weil wir hier vieles ausgleichen müssen, was die Landespolitik versäumt. Und wir sind selbstbewusst genug, um den Anstoß und viele Impulse zu dieser richtigen Politik auch an unsere eigenen Fahnen zu heften.
Die Grünen stehen zudem uneingeschränkt zur Verantwortung für unsere Schulen. Alles was pädagogisch notwendig ist, werden wir bereit stellen, auch wenn es teuer ist, ob dazu allerdings auch ein Schwimmbad in Untergriesbach gehört, nachdem in Gottsdorf bereits eines ist, bezweifeln wir nachdrücklich.
Wirtschaftliche Entwicklung wird künftig fast ausschließlich durch die Entwicklung bestehender Unternehmen erfolgen und nicht durch Neuansiedlungen. Deshalb wird es Aufgabe der Kommunalpolitik sein, nicht nur die Unternehmenspflege zu intensivieren sondern auch diese Unternehmen enger mit unseren Jugendlichen - auch den Gymnasiasten - zu verbinden. Auch diese unsere alte Forderung ist - wenn auch so richtig erst in jüngerer Zeit - im Landkreis auf fruchtbaren Boden gefallen.
Der Kreis baut - jenseits von Maßnahmen zur Entschärfung lokaler Unfallschwerpunkte - keine eigenen Straßen mehr. Auch das finden wir gut.
Aber:
"¢ Die Förderung des Flugplatzes Vilshofen,
"¢ die Forderung nach neuen Straßen, soweit sie von Bund oder Land gezahlt werden müssten,
"¢ die Leidenschaft, mit der Landrat immer wieder den Autobahnzubringer-Zweckverband verteidigt,
dies alles spricht allerdings dafür, dass hinter dieser klugen, neuen und grüngewendeten Kreisstraßen-Politik eher Finanzknappheit steht als bessere Einsicht.
Deshalb nochmals in aller Klarheit: Wenn wir mit unseren knappen Landkreismitteln unsere Straßen - und wir haben ja wirklich keinen mittelalterlichen Ausbauzustand sondern bereits das längste Kreisstraßennetz alle bayerischen Landkreise - in Schuss halten können, haben wir hier unsere Aufgaben gut erfüllt.
Die Frage der Mobilität wird für uns alle aber sicherlich auch noch in Zukunft weit mehr als heute bewegen müssen. Es ist ein Gebot der Stunde, dass wir uns Gedanken machen, wie ein nachhaltiges Mobilitätskonzept für unsere Region Passau künftig aussehen kann.
"¢ Elektro-Mobilität kann hierfür ein Baustein sein,
"¢ Mitfahrer-Börsen, Park&Ride-Plätze, Rufbusse ein zweiter,
"¢ ein integriertes ÖPNV-Konzept - einschließlich eines Verkehrsverbundes mit der Stadt und dem Landkreis Freyung-Grafenau ein dritter,
"¢ die perspektivische Nutzung der Ilztalbahn und - hoffentlich irgendwann auch der Lokalbahn-Hauzenberg - als Rückgrat des ÖPNV im Unteren Bayerischen Wald ein weiterer.
"¢ Auch bleibt die Weiterentwicklung des Bäderbus-Konzeptes Bad Füssing auf der Tagesordnung, verbunden mit der Hoffnung, dass es mittelfristig zu einem Verbundkonzept für aller drei Bäder erweitert werden kann.
Ich will es mal bei diesen wenigen Beispielen bewenden lassen, die zeigen, dass unter unserem Einfluss manches in diesem Landkreis mittlerweile in die richtige Richtung läuft, auch wenn noch viele Aufgaben hin zu einer wirklich nachhaltigen Kreispolitik vor uns liegen.
Und weil das so ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, stimmen die Grünen dem Haushalt zu, obwohl wir die Senkung der Kreisumlage für ein falsches Signal halten.
Mit dieser Zustimmung verbinden wir natürlich auch die Hoffnung, dass sich der Landkreis künftig noch ein wenig stärker in die von uns skizzierte Richtung bewegen wird.
Und wir erkennen mit unserer Zustimmung auch die gute Arbeit unseres Kreiskämmerers Herrn Dorschner und seines Teams und - ich denke dazu ist heute die richtige Gelegenheit - die gute Arbeit der vielen starken Persönlichkeiten in unserer Landkreisverwaltung an.Vielen Dank!
Eike Hallitzky
Fraktionssprecher der Grünen im Passauer Kreistag
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