Bündnis 90/Die Grünen

Landkreis Passau

Karl Synek

Ein Grüner OB für Passau!!!

04.01.14 –

Beruflich Finanzbeamter und ansonsten Stadtrat, Aufsichtsrats-Chef der WGP, TV-Schatzmeister, zuletzt Landtagskandidat und jetzt OB-Kandidat - sind Sie etwas unausgelastet?

 

Karl Synek: "Nein, nein - unausgelastet bin ich bei alledem eher nicht (lacht). Es ist aber so, dass die OB-Kandidatur auf mich zugelaufen ist. Vielleicht auch, weil ich die Grünen-Politik und Grünen-Ideen in Passau in den vergangenen Jahren ziemlich geprägt habe. Ich habe mich nicht danach gedrängt, habe diese Kandidatur aber gerne angenommen."

 

Warum braucht die Stadt Passau statt eines roten einen grünen Oberbürgermeister?

 

"Wie viel Platz und Zeit haben Sie denn für die Antwort zur Verfügung? (lacht) Es gibt einen Haufen Dinge, die ein Grüner beziehungsweise ich anders machen würde als Jürgen Dupper.

 

Es geht bei meinen Anliegen auch um Vieles, was einem von den Leuten draußen angetragen wird und was man von ihnen erfährt. Herangetragen wird an mich in letzter Zeit sehr häufig vor allem das Wohnungsproblem in Passau. Da gibt es gewisse Versäumnisse. Die Mieten bewegen sich oft in einem Bereich, wo Normalverdiener nicht mehr mithalten können. Um das etwas in den Griff zu bekommen, müsste man eventuell neues Bauland mit Sozialklauseln versehen. Man müsste Bebauungspläne danach ausrichten. Wenn irgendwo zehn Garagen abgerissen werden und durch ein Zehnfamilienhaus ersetzt werden, müsste das neue Objekt im Genehmigungsverfahren mit einer Sozialklausel versehen werden, wonach in dem Haus mindestens zwei oder drei Sozialwohnungen integriert werden müssen. Bei neuer Baulandausweisung kann man auch so Einfluss nehmen, dass zehn oder zwanzig Prozent für den sozialen Wohnungsbau bereit gehalten werden müssen. Man kann da als Stadt schon was tun. Aber mit diesen Vorstellungen stoße ich momentan im Stadtrat gegen eine Wand.

 

Oder: Bei Bürgerversammlungen - vor allem im Passauer Westen - wird oft Lärm- und Gefahrenschutz in Anliegerstraßen als Problem genannt. Die Leute wünschen sich Hemmnisse für den Durchfahrtsverkehr. Auch da passiert nichts. Genauso wie den Kreisverkehr, der jahrzehntelang in Passau praktisch unmöglich war, könnte man das in Angriff nehmen wie im gesamten Bundesgebiet, wo eben Schwellen eingeführt werden, um in Anwohner-straßen den Verkehr zu verlangsamen. Alles natürlich in Absprache mit den Anwohnern.

 

Und vielleicht noch als drittes Konkretes: Mir geht es als Grünem freilich auch um den Natur- und Landschaftsschutz. Wenn ich schon Baugebiete ausweise, dann müssen die so ausgewiesen werden, dass sie nicht landschaftszerstörerische Auswirkungen haben, sondern dort, wo es städtebaulich sinnvoll ist. Auch dabei wird von der bisherigen Stadtspitze eher wenig Rücksicht auf Naherholungsgebiete genommen - Stichwort Bauvorhaben in Sturmsölden (umstrittenes Bauvorhaben in Hacklberg; Anm. d. Red.). Da gehört manchmal eine andere Stadtplanung her, die Naturschutz ernst nimmt."

 

Wenn Grüne auch Ministerpräsidenten können, können Sie OB erst recht, oder?

 

"Ich traue mir den OB schon zu. Ich habe erstens eine gewisse Erfahrung im Stadtrat - das ist ja nicht ganz unwichtig für dieses Amt. Als Quereinsteiger würde ich mir das sicher nicht zutrauen. Das nächste ist, dass ich als Mann aus der Verwaltung die Abläufe in einer Verwaltung relativ gut kenne. Und nicht zuletzt durch meine berufliche Tätigkeit - ich habe wohl in meiner Laufbahn schon über 1000 Betriebe geprüft - weiß ich ungefähr, was in der Wirtschaft abläuft und welche Zusammenhänge bestehen und wo es zwickt und hakt. Das alles sind wohl Voraussetzungen und Erfahrungen, die für so ein Amt wichtig wären. Und deswegen kandidiere ich auch."

 

"Als Quereinsteiger würde ich mir das sicher nicht zutrauen"

Was würde der OB Karl Synek anders machen bzw. vorantreiben, was als Erstes, was langfristig?

 

"Als Erstes würde ich wohl den Vertrag mit dem A 8 (Audi-Dienstfahrzeug des Passauer OB; Anm. d. Red.) kündigen und mit einem Mittelklasseauto wie Papst Franziskus durch die Gegend fahren (lacht). Ich würde auch möglichst schnell die aufgegebene Baumschutzverordnung wieder einführen. Mich rufen oft Leute an und sagen ,Uns schneiden sie vorm Haus wunderbare Bäume um."™ Und ich muss denen dann sagen: ,Es ist alles rechtens, was da passiert, weil es keine Baumschutzverordnung mehr gibt."™

 

Oder ich würde die Priorität der Ausgaben im Rathaus anders setzen. Zum Beispiel steht heuer eine Reparatur eines Kunstrasenplatzes im Haushalt, obwohl man weiß, dass zum Beispiel der Kindergarten in der Innstadt hohen Sanierungsbedarf hat. Ich würde mich zuerst um den Kindergarten kümmern wollen.

 

Langfristig bedeutend ist freilich der Schuldenabbau der Stadt. Es gibt dabei ein schönes abstraktes Bild: Wenn ich heute statt der 150 nur 140 Millionen Euro Schulden hätte, könnte ich als Passauer Oberbürgermeister am Montag zu einem Sportverein gehen und ihm 1000 Euro für neue Trikots geben, am Dienstag in die Bahnhofsmission gehen und dort 1000 Euro für Kaffee und Tee zusagen, damit die dort ein ganzes Jahr auskommen. Am Mittwoch könnte ich zum Museum Moderner Kunst gehen und sagen: ,Hier habt ihr 1000 Euro für die nächste Ausstellung."™ Am Donnerstag könnte ich zum Kinderschutzbund gehen und 1000 Euro für irgendeine Aktion zusagen. Am Freitag gehe ich zum Förderverein Altenpflege und sage 1000 Euro für eine Fortbildung zu. Am Samstag schau ich beim Förderverein Heiliggeistkirche vorbei und sage: Hier habt ihr 1000 Euro für eure neuen Fenster. Und am Sonntag gebe ich noch der Kinderklinik 1000 Euro für ein Projekt. Und wenn ich alle Passauer Vereine und Einrichtungen durch habe, fange ich nach etwa zwei Monaten wieder von vorne an. Bei einer Schuldentilgung von 150 auf 140 Millionen Euro habe ich danach jeden Tag im Jahr 1000 Euro weniger Belastung, die ich als Stadt verteilen kann und Glücksgefühle auslösen kann. Man muss es halt nur mal im Kreuz haben, zehn Millionen Euro an Schulden abbauen zu wollen."

 

Sie sind ja als langjähriger Schatzmeister des TV Passau durchaus sport-affin und wissen, wie Sportler "ticken". Sie sind aber gegen die neue Dreifachturnhalle - nur aus finanziellen Gründen?

 

"Solange wir in Passau noch Hochwasser-Schutzmaßnahmen vor uns haben, hat dies erste Priorität. Wir müssen zuerst schauen, dass wir - so es technisch möglich ist - technischen Hochwasserschutz errichten - zum Beispiel im Fürstenweg (Hacklberg) oder in Hals. Und erst danach können wir wieder in andere große Investitionen einsteigen. Das ist derzeit auch die Beschlusslage im Passauer Stadtrat. Aber wenn wir dann wieder über die Halle sprechen, habe ich meine eigene Meinung. Und die ist eine andere als die des Oberbürgermeisters und vielen im Stadtrat. Ich bin dafür, dass man beim Betrieb der neuen Halle steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten ausnutzt zugunsten der Stadt. Die Kosten (der auf rund 11 Millionen Euro geschätzten Dreifachturnhalle) würden sich um über eine Million Euro ermäßigen, wenn wir eine städtische Sport-GmbH gründen. Aber da ist leider mit der Mehrheit des Stadtrats nichts zu machen."

 

Weil man vielleicht den Vereinen keine Hallengebühren auferlegen will, die Ihr Eigenbetrieb- und GmbH-Modell beinhalten würde...

 

"Schon. Aber ich finde es eigentlich gegenüber der nicht Sport treibenden Bevölkerung nur recht und billig, dass man in einer neuen Halle so was wie Miete entrichtet, so dass zumindest die laufenden Kosten dieses Sportbetriebs dort gedeckt werden. Warum sollen sich denn die Nutzer einer tollen neuen Halle nicht mitbeteiligen? Das wird in ganz Deutschland so praktiziert - außer in Passau."

 

Ist es nicht etwas undankbar: OB Jürgen Dupper hat Ihnen vor sechs Jahren quasi zum Amt des Aufsichtsrats-Chefs der städtischen Tochter WGP verholfen. Und jetzt kandidieren Sie mehr oder weniger gegen ihn?

"Diese Frage würde mich nicht wundern im Zusammenhang mit ÖDP-OB-Kandidat Urban Mangold, der 2. Bürgermeister ist (lacht). Aber WGP-Aufsichtsratsvorsitzender ist doch ein eher unpolitisches Amt. Und ich glaube auch, dass die Ernennung damals einfach auch in Jürgen Duppers Interesse war, weil er jemanden wollte, der sich mit Bilanzen und Rechnungswesen auskennt. Ich glaube auch, dass sich herausgestellt hat, dass es keine schlechte Entscheidung von ihm war (der WGP-Schuldenstand wurde seit 2008 von rund 52 Millionen Euro auf rund 26 Millionen Euro reduziert; d. Red.). Aber daran waren freilich viele beteiligt: der OB selber, die WGP-Geschäftsführung und der ganze Aufsichtsrat. Aber freilich freut es mich, wenn wir jetzt in der Lage sind, vielleicht jedes Jahr für Passauer Bürger einen neuen WGP-Wohnblock mit Mieten unter dem Durchschnitt - wie zuletzt im Schießstattweg - hinstellen zu können."

 

Gehen Sie bei fünf Kandidaten, die Stimmen sammeln (SPD, CSU, ÖDP, Grüne, Piraten) eigentlich von einer Stichwahl aus?

 

"Schwierig zu sagen - eher nicht."

 

Und wenn es eine Stichwahl gibt, dann wohl zwischen dem Amtsinhaber Dupper und dem Kandidaten Synek?

 

(lacht herzhaft) "Ich bin wohl eher großer Außenseiter. Aber wer auf mich setzt, kann sicher viel gewinnen und wenig verlieren."

 

Wie sieht man denn bei den Grünen die Konkurrenz mit den Piraten und Der Linken - beides ja eher Parteien, die wie die Grünen im linken Spektrum fischen?

 

"Ich möchte sicher mehr gestalten als kritisieren"

 

"Mit der ,Linken"™ haben wir - glaube ich - eher keine Berührungspunkte. Ich sehe nicht, wo uns die bei der Wählergunst treffen könnte. Bei den Piraten ist der große Hype wohl auch vorbei. Wenn ich Piraten-Wähler zuordne, dann wohl am ehesten bei den Studenten. Aber wir haben auf unserer Kandidatenliste auch absichtlich viele Studenten, weil wir die Studenten in Passau gewollt auch politisch ,mitnehmen"™ wollen - gerade jetzt nach deren Hilfsbereitschaft beim Hochwasser. So ist zum Beispiel Dorothea Will, eine der Organisatoren von ,Passau räumt auf"™, bei uns auf der Liste. Die Studenten sollen bei uns ihre Stimme gut aufgehoben wissen."

 

Hatten Sie als OB-Kandidat auch Mitspracherecht bei der Kandidaten-Auswahl?

 

"Höchstens bei der Reihung in der Liste ein bisschen. Zudem ist bei uns ja knallhart gewählt worden - über die ersten zwölf Listenplätze ist ja einzeln abgestimmt worden."

 

Wie kam es eigentlich zur Nominierung von Christa Tausch, die im vergangenen Sommer als ehemalige Stadtmarketing-Chefin eher im Unfrieden aus dem Rathaus geschieden ist?

 

"Christa Tausch möchte sich einfach einmischen - und sie hängt sehr stark an der Stadt Passau. Und sie möchte vor allem, dass in gewissen Bereichen einfach mehr vorangeht. Sie ist ja selbst auch eine sehr dynamische Frau. Ihr ist vielleicht auch - und das hat wohl auch mit ihrem beruflichen Ausscheiden aus dem Rathaus zu tun - die Dynamik in der Stadtverwaltung abgegangen. Und jetzt hofft sie vielleicht, dass sie über den Stadtrat das ein oder andere im Rathaus umsetzen kann, was als Beamtin vielleicht nicht möglich war."

 

Anderes Thema: Sie waren vor längerer Zeit auch mal Passauer Kreisvorsitzender der Jungen Union - Jugendsünden?

 

"Zunächst einmal zeigt das wohl mein politisches Interesse von Jugend an. Es hat ja damals, Anfang der 70-er Jahre, die Grünen noch gar nicht gegeben. Die Ökologie-Bewegung hat sich erst später entwickelt. Aber die hat mich dann schon in Beschlag genommen - spätestens, als ich Vater wurde. Vieles, was ich dann für gut fand, konnte man mit der CSU nicht erreichen. Das war ja damals zudem noch eine ganz andere CSU als heute. Heute ging das vielleicht sogar mit der CSU leichter als mit der SPD."

 

Wie steht es um Kooperationen mit den CSU-Kollegen? Mit dem früheren OB Albert Zankl sind Sie seinerzeit ja öfter zusammengerückt.

 

"Es gibt in der CSU - vor allem außerhalb des Stadtrats - sogar auch CSUler, die mir gegenüber äußern, dass sie sich von mir oft besser vertreten fühlen als von ihren eigenen Kollegen im Stadtrat. Offenbar treffe ich in vielen Punkten den Nerv der Konservativen besser als die eigene Fraktion. Ich komme aber auch mit der Mehrheit der CSU-Stadtratskollegen sehr gut aus. Es gibt dort ja auch unterschiedliche Ansichten und auch Meinungen, wie man miteinander umzugehen hat."

 

Sie sind ja ein leidenschaftlicher Oppositionspolitiker, was nach OB Albert Zankl auch der amtierende Rathaus-Chef Jürgen Dupper zuletzt immer öfter hinnehmen musste...

 

"Das ist sicher richtig. Es ist oft auch so, dass ich bedaure, dass dies in der Öffentlichkeit geschieht und ich als Kritiker gegenüber dem Oberbürgermeister wahrgenommen werde. Mir wäre es lieber, wir würden das eine oder andere vorher im Hintergrundgespräch behandeln. Sobald man es in der Öffentlichkeit austrägt, ist es schwierig, Kompromisse zu finden. Ich möchte grundsätzlich aber sicher mehr gestalten als kritisieren."

 

Ist die laufende Amtsperiode eigentlich eine bessere als die vorhergehende unter CSU-Dominanz?

 

"Das hängt natürlich in erster Linie mit dem Oberbürgermeister zusammen und wie der versucht zu regieren. Wenn der OB kompromisslos und beratungsresistent ist, kann man oft nur mit Konfrontation und Öffentlichkeit dagegen halten. Das war vielleicht in der letzten Periode der Fall - leider. Das ist jetzt sicherlich besser. Auch wenn der jetzige Amtsinhaber die guten Ansätze, die mal da waren, auch manchmal etwas vergisst. Ich hoffe, dass wir wieder zurückfinden zu einem besseren Dialog."

 

Sie sind jetzt gut zehn Jahre Stadtrat - was war das bis dato schönste, was das negativste Erlebnis?

 

"Das Negativste war sicher das knapp mit 51,5 zu 48,5 Prozent verlorene Bürgerbegehren gegen die große Neue Mitte, bei dem ich Mitinitiator war. Die Neue Mitte ist nach wie vor stadtprägend. Ich denke immer noch, dass es verkehrt war, so viel Verkaufsfläche nach Passau zu bringen. Das Positive war im vergangenen Jahr, dass es mir in meiner Funktion als Stadtrat möglich war, ein Müllfahrzeug für Aleppo (im Bürgerkrieg derzeit meistumkämpfte Großstadt in Syrien; d. Red.) mitzuorganisieren. Vier Fahrzeuge kamen aus München und eines von einem von mir angeschriebenen Unternehmer aus der Passauer Region. Da hat man was gemacht, was eine gute Wirkung hat und ganz wichtig ist für diese Stadt. Es hat mich gefreut, dass ich das zusammengebracht habe."

 

Abschlussfrage: Was bringt die Kommunalwahl 2014 für die Grünen?

 

"Wir wären sehr zufrieden, wenn wir unsere Sitze auf fünf erhöhen oder auf sechs verdoppeln. Ausgeschlossen ist das wohl nicht."

 

Interview: Christian Karl

 

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