Bündnis 90/Die Grünen

Landkreis Passau

Hans Schuierer: Wie es damals war in Wackersdorf

Hochkarätig besetzte Diskussionsrunde zum Thema "Atommüll-Endlager: Gewalt oder Konsens?" im Weiherhaus

26.04.17 –

Ortenburg. Jahrestag von Tschernobyl: Anlass genug, für Grüne, Ex-SPD-Landrat und Polizei über die Anti-Atomkraft-Bewegung, Gewalt und Atommüll-Endlager zu diskutieren.

Hans Schuierer (86), ehemaliger Landrat von Schwandorf, war vom Plan einer Wiederaufbereitungsanlage (WAA) für hochradioaktiven Atommüll begeistert. Vertraulich hatte ihn ein Minister der bayerischen Staatsregierung informiert, die Anlage soll in seinem Landkreis gebaut werden. Dabei sollen mindestens 3000 saubere Arbeitsplätze entstehen. Das war vor rund 35 Jahren in München.

Kurze Zeit später wurde das erste Modell präsentiert. "Was soll denn der 200 Meter hohe Schornstein", habe er gefragt, berichtete Schuierer auf der Veranstaltung "Atommüll-Endlager: Gewalt oder Konsens?", zu dem die Landkreis-Grünen am vergangenen Freitag ins Weiherhaus-Theater in Ortenburg eingeladen hatten. Radioaktive Partikel würden meilenweit verweht, sei ihm damals geantwortet worden. Da sei ihm klar geworden, die versprochenen sauberen Arbeitsplätze sind eine Lüge. So wurde vor 35 Jahren ein bis dahin unauffälliger sozialdemokratischer Landrat zu einem der ersten Anti-Atomkraft-Gegner der SPD und später zu einem ihrer bekanntesten.

Neben dem Landrat a.D. saßen Paul Gross von der Gewerkschaft der Polizei und die Grüne-Bundestagsabgeordnete Sylvia Kotting-Uhl auf dem Podium. Kotting-Uhl hat maßgeblich das Gesetz für die Suche nach einem Atommüll-Endlager ausgearbeitet, das Ende März CDU/CSU, SPD und Grüne im Bundestag und eine Woche später der Bundesrat verabschiedet haben.

Vor 31 Jahren am 26. April explodierte das Atomkraftwerk im von hier knapp 1400 Kilometer entfernten Tschernobyl in der Ukraine. Dabei wurden Gebiete in ganz Europa verstrahlt.

Dieser Super-GAU und seine Folgen waren Thema in dem auf der Veranstaltung gezeigten Film "Unser gemeinsamer Widerstand", eine von einer Hamburger Bürgerinitiative zusammengestellte Dokumentation über knapp 50 Jahre Anti-Atomkraftwerk-Bewegung. Der Film erinnerte auch an die bürgerkriegsähnlichen Zustände bei manchen Demonstrationen, Bauplatzbesetzungen und Blockaden von Atommüll-Transporten.

Diese Bilder bestimmten einen Teil der Diskussion der gut 50 Besucher und Besucherinnen – unter ihnen Halo Saibold (Kreisrätin/Grüne), Karl Haberzettl (Bund Naturschutz), Gerhard Albrecht (Plattform gegen Temelin), Dr. Anton Huber (Bürgerforum Umwelt/Vilshofen), Hans Madl-Deinhart (Grüne Freyung/Grafenau) und SPD-Kreisvorsitzender Andreas Winterer.

Ruth Geiger vom Energienetzwerk Passau, die von sich sagte, sie sei ein zutiefst pazifistischer Mensch, wollte wissen, ob nicht ein friedliches Demonstrieren genüge. Wenn genügend Menschen friedlich demonstrieren würden, wie etwa die 200000 nach dem Super-Gau von Fukushima, dann könnten diese sogar eine Bundeskanzlerin Angela Merkel bewegen, antwortete Sylvia Kotting-Uhl. "Ich habe immer zu friedlichem Protest aufgerufen", betonte der ehemalige SPD-Landrat, aber er nähme auch zur Kenntnis, dass die WWA noch stünde, wenn sie nur friedlich demonstriert hätten.

Paul Gross war in Wackersdorf für die Bundespolizei (den damaligen Bundesgrenzschutz) als Funker im Einsatz. Die Aufrüstung der Polizei mit den chemischen Kampfstoffen CN und CS kritisierte er indirekt. Er sagte, dass sich nach Einsätzen in Wackersdorf reihenweise Kollegen, wegen Asthma- und Atemproblemen, krank gemeldet hätten.

Moderator Dirk Wildt, Vorsitzender der Grünen im Landkreis Passau, wollte eine Einschätzung zur gesellschaftlichen Akzeptanz beim Endlager. Der Landrat a.D. und der Vertreter der Polizei waren pessimistisch, Sylvia Kotting-Uhl hingegen nicht. Zum einen würden mit dem Endlagersuchgesetz erstmals in ganz Deutschland Standorte frei von politischen Interessen untersucht werden, zum anderen würden die Bürger und Bürgerinnen in einem noch nie dagewesenen Maß beteiligt werden, argumentierte sie.

Dass die CSU versucht habe, im Bundestag und Bundesrat, Bayern faktisch von der Landkarte nehmen zu wollen, kritisierte Eike Hallitzky, Landesvorsitzender der Grünen. Die Regierungspartei riskiere, einen Paradigmenwechsel in der Atompolitik unmöglich zu machen. − va

Quelle: Passauer Neue Presse vom 26.04.2017
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Kategorie

Atomkraft

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