Bündnis 90/Die Grünen

Landkreis Passau

Grüne fordern regelmäßigen Probebetrieb für die Ilztalbahn

Das Innenministerium schaltet auf stur. Doch dessen Schein-Argumente stammen aus Absurdistan

26.06.14 –

Die Wiederbelebung der Ilztalbahn ausschließlich durch private Initiative ist ein großer Erfolg für alle Beteiligten:

  • Zum einen konnte und kann damit ein offensichtlich vorhandenes Verkehrsbedürfnis bedient werden, auch wenn die Bedienung im Rahmen einer Privatinitiative nur am Wochenende möglich ist.
  • Zweitens hat damit der Tourismus im Unteren Bayerischen Wald einen großen Impuls und eine neue Attraktivität gewonnen.
  • Drittens ist hier ein großes regionales Projekt der Identitätsstiftung umgesetzt worden, das ja verdientermaßen den höchsten bayerischen Preis für bürgerschaftliches Engagement erhalten hat, den Bürgerkulturpreis des Bayerischen Landtags.
  • Viertens konnte damit ein regionales Industriedenkmal von hohem Rang bewahrt und wiederbelebt werden.

 Anfang Januar stimmte der Verkehrsausschuss des Passauer Kreistags einem Antrag der grünen Kreistagsfraktion zu, in dem die Staatsregierung aufgefordert wird, auf der Ilztalbahn (ITB) einen Probebetrieb für die regelmäßige Bedienung des Zugbetriebs zwischen Passau und Freyung zu bestellen.Landrat Franz Meyer schrieb daraufhin am 24.1.2014 an Innenminister Herrmann und bat nachdrücklich um die Umsetzung des Beschlusses.Vier Monate (!) tat sich gar nichts. Anfang Juni erhielt dann der Landkreis ein ablehnendes Schreiben des Innenministers, dass als Anlage diesem Schreiben beigefügt ist. Zu dem Verhalten der CSU-Staatsregierung erkläre ich in meiner Funktion als Fraktionsvorsitzender der Grünen im Passauer Kreistag:

  • Es ist eine Unverschämtheit, den Landkreis Passau mit der Antwort auf eine konkrete Bitte vier Monate warten zu lassen. Dies gilt umso mehr, als sich die Ablehnung auf einen Gesprächstermin bezieht, der bereits am 5.2. stattgefunden hatte. Das Thema drei Monate und damit über die Kommunalwahlen hinweg auszusitzen, ist ein Affront gegen die Bürgerinnen und Bürger im Unteren Bayerischen Wald.
  • Zudem wurde bei dem Gespräch  am 5.2. ein zeitnahes Gespräch zwischen den Vertretern der ITB, dem Ministerium und der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (die für die Bestellung des ÖPNV zuständig ist) vereinbart. Tatsächlich wurde dieses Gespräch aber - trotz mehrmaliger Nachfragen seitens der ITB - zunächst verzögert und dann von der Verwaltung abgelehnt.
  • Behauptet wird in dem Schreiben, dass es keine aktualisierten Erkenntnisse zum Fahrgastpotential gäbe. Dies als Ablehnungsgrund zu benutzen ist in vierfacher Hinsicht völlig irreführend:
  • Zum einen gibt es eine Studie von Ende der neunziger Jahre, die auf ein sehr hohes Potential (deutlich über 1000 Fahrgäste je Tag) verweist.
  • Zum zweiten liegen auch neuere Studien vor, eine weitere wird derzeit bearbeitet,
  • zum dritten liegen die aktuellen Zahlen der Wochenend-Verkehre deutlich über den Erwartungen,
  • und zum vierten hatten die Betreiber der ITB immer wieder nachgefragt, welche weiteren Zahlen das Ministerium denn noch benötige, ohne jemals eine Antwort auf diese Frage zu erhalten.
  • Dass laut Aussagen des Ministeriums noch zu prüfen sei, welche Infrastrukturmaßnahmen für einen Taktverkehr noch vorzunehmen seien, ist ebenfalls ein hanebüchener Unfug. Im April - also zwei Monate vor dessen Schreiben - fand die letzte Abnahme notwendiger Infrastruktur-Ergänzungen statt. Der Taktverkehr kann also problemlos gefahren werden.
  • Falls man im Ministerium nicht wissen sollte, in welcher Höhe die Bestellentgelte für Trassen und Bahnen liegen: Die Schienennutzungsbedingungen sind veröffentlicht und die Preise für den Zug und das Zugpersonal ergeben sich durch eine Ausschreibung, wobei sich Konditionen ähnlich der für die Waldbahn ergeben dürften. Also auch hier eine völlig haltlose Begründung. Diese Begründung zeigt aber auch, dass hier seitens der Verwaltung blockiert wird, denn dort müssen die Erkenntnisse vorliegen.
  • Zudem ist es eine bloße Schutzbehauptung, dass für die Bestellung eines Probebetriebs keine Regionalisierungsmittel eingesetzt werden dürften. Tatsächlich ist es mit der Zweckentfremdung öffentlicher Gelder genau anders herum: Die Staatsregierung bunkert jährlich einen hohen zweistelligen Millionenbetrag (!) aus dem Regionalisierungsmitteln, um damit den Bau der zweiten S-Bahn-Stammstrecke in München zu finanzieren - diese Zweckentfremdung von Mitteln, die der Bund für den laufenden Nahverkehr an die Länder überweist, ist vom Bayerischen Obersten Rechungshof bereits scharf gerügt worden. Im Übrigen geht es im Vergleich zu diesen Summen beim Probebetrieb für die ITB nur um peanuts.
  • Schließlich fordert das Ministerium für einen Probebetrieb eine Eigenleistung der beteiligten Landkreise - auch dies eine glatte Unverschämtheit. Ich bin mir zwar sicher, dass wir eine Ko-Finanzierung von rund 10% hinbekämen, aber es geht hier ums Prinzip: Der Schienennahverkehr wird vom Land bestellt und auch vom Land bezahlt. Kein Landkreis Bayerns muss dafür zahlen.

 In der Summe beweist das Schreiben des Innenministers zweierlei:Erstens: Aus dem Ministerium heraus wird offensichtlich versucht, einen regelmäßigen Probebetrieb auf der Ilztalbahn zu verhindern. Dabei wird auch vor Falschaussagen nicht zurückgeschreckt. Vieles spricht zudem dafür, dass hier die Verwaltung des Ministeriums das Handeln des Ministers bestimmt anstatt umgekehrt. Nachdem die Argumente gegen die Ilztalbahn samt und sonders völlig haltlos sind, ist Innenminister Herrmann gefordert, seine offizielle Haltung zur Ilztalbahn schnell zu korrigieren und sich für den täglichen Probebetrieb zu verwenden.Zweitens: Sollte die Staatsregierung allerdings weiter auf Blockade setzen, würde dies einmal mehr beweisen, dass sie für den strukturschwachen grenznahen Raum Ostbayerns zwar viele schöne Worte bereithält, aber zu keinen wirklichen Taten bereit ist. Beispiele gefällig?

  • Der Breitband-Ausbau läuft nach wie vor schleppend, weil der Mittelfluss dünn ist. Herrn Söder reicht es offensichtlich, dass sein zum Heimatministerium ausgebautes Büro in seiner Heimatstadt Nürnberg schnelles Internet hat.
  • In mehreren Städten des Bayerischen Waldes sind - vor allem als Ableger der TH Deggendorf - Technologiezentren als Keimzellen moderner Unternehmen im Bayerischen Wald entstanden. Doch während manche Unis wie die TU München oder die Universität in Herrmanns Heimatstadt Erlangen regelrecht "gepampert" werden, krebst der Personalstand an der Uni Passau am Existenzminimum und müssen die strukturschwachen Orte im Bayerischen Wald ihre Technologiezentren auf Dauer selber stemmen - eine bodenlose Unverschämtheit.
  • Der kommunale Finanzausgleich reicht für viele wohlhabende Kommunen, nicht aber für die Abwanderungsregionen im östlichen Grenzland.
  • Und jetzt die Ablehnung der Ilztalbahn.

Es ist nicht erkennbar, dass de CSU in München bereit ist, die Mittel für eine selbsttragende Entwicklung im Grenzland zur Verfügung zu stellen. Das darf sich unsere Region nicht länger bieten lassen. In der Anlage finden Sie das Schreiben von Innenminister Herrmann, sowie zwei Photos. Auf dem einen überquert die ITB die Brücke bei Fischhaus, auf dem anderen sind von links nach rechts der Geschäftsführer der Ilztalbahn GmbH Prof. Thomas Schempf, der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag Dr. Anton Hofreiter, der Vorsitzende des Ilztalbahn-Vereins Michael Liebl und Eike Hallitzky vor dem Bahnhof Waldkirchen abgebildet.Über eine angemessene Berichterstattung wären wir sehr erfreut. Herr Herrmann wird aus zwei Gründen in dem Artikel relativ schonend behandelt: Zum einen scheinen die Probleme tatsächlich mehr innerhalb des Ministeriums zu liegen als beim Minister selbst, zum anderen soll ihm die Möglichkeit gegeben werden, ohne Gesichtsverlust den Kurs seines Hauses noch zu korrigieren. 

Kategorie

Verkehr

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