Bündnis 90/Die Grünen

Landkreis Passau

Eike Hallitzkys Rede zum Haushalt 2011 des Landkreises Passau

28.02.11 –

Sehr geehrter Herr Landrat,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wird dem heutigen Kreishaushalt zustimmen. Erlauben Sie mir dennoch ein paar kurze Anmerkungen dazu:

Ich hatte bereits im letzten Jahr davor gewarnt, dass sich der finanzielle Rahmen in diesem Jahre deutlich verschlechtern würde.

Ursache hierfür sind zum einen die Folgen der Finanzkrise, die sich vor allem in einem drastischen Rückgang bei der Gewerbsteuer widerspiegelt. Diese Entwicklung dürfte sich in diesem Jahre wieder deutlich verbessern.

Weit schlimmer und vor allem ein dauerhaftes Problem ist die Politik der Staatsregierung, weil diese nicht willens ist, den Kommunen vollständig auszugleichen, was Bayern an Steuerleichterungen auf Bundesebene durchsetzt.

Unsere Fraktion würde es sehr begrüßen, wenn der Landkreis hier einen offiziellen Protest bei der bayerischen Staatsregierung einlegen würde. Steuererleichterungen dürfen nicht von den Kommunen gegenfinanziert werden, unser Landkreis hat jedenfalls kein Geld dafür.

Was für die Steuerleichterungen gilt, gilt mit einer noch stärker einschneidenden Wirkung bei den Gesetzen, durch die Bundestag und Bundesrat Lasten auf die Kommunen überwälzen.

Die Bayerische Staatsregierung lässt hier die eigenen Kommunen im Stich, wenn es darum geht, Sie von den immer gewaltigeren Lasten zu befreien, die sie durch Bundesgesetze aufgedrückt bekommen. 

Alleine aufgrund der demographischen Entwicklung müssen wir hier wie in der Vergangenheit auch in den nächsten Jahren mit weiteren Kostensteigerungen rechnen, Kostensteigerungen, die in der mittelfristigen Finanzplanung des Landkreises bisher noch gar nicht abgebildet sind.

Bund und Kommunen haben keine direkten Finanzbeziehungen. Deshalb ist es die Aufgabe Bayerns, seinen Kommunen diese Aufwendungen aus dem eigenen Landeshaushalt zu erstatten und dann für den Landeshaushalt das Geld vom Bund zurückzufordern.

Ich fordere deshalb nicht nur Städte-, Gemeinde- und Landkreistag, sondern auch unseren Kreistag und den Landrat auf, von der Staatsregierung den selbstverständlichen Ausgleich einzufordern. Dass die Grundsicherung im Alter jetzt schrittweise vom Bund übernommen wird, kann hier nur ein Anfang sein.

Unsere Botschaft muss grundsätzlich im Sinne des Konnexitätsprinzips sein: Wer anschafft, der zahlt auch!

Vor diesem Hintergrund ist es völlig unangemessen, wenn der Landrat heute eine Dankesrede auf den Herrn Seehofer gehalten hat, weil in Sachen Grundsicherung im Alter langsam etwas bewegt. Es ist die Pflicht des Landes, hier den Kommunen die Kosten auszugleichen und kein Gnadenakt des Ministerpräsidenten!

Den Verwaltungsvorschlag, wie die unverschuldete Finanzknappheit auf den Landkreis einerseits und die Kommunen andererseits verteilt werden, hält unsere Fraktion für einen sinnvollen Ausgleich der Lasten.

Beide, Landkreis und Kommunen haben eigene Aufgaben, beide haben unabhängig gewählte Räte, die für die Erfüllung dieser Aufgaben zu sorgen haben und beide leiden gleichermaßen unter der Finanznot.

Auf der Ausgabenseite müssen wir für die Zukunft überlegen wie und wo wir sparen können.

Zum einen sollten wir hier besser als in der Vergangenheit auch die Kooperation mit der Stadt suchen, wie dies beispielsweise mit dem Regionalmanagement versucht wird.

Was soll das ewige Nörgeln wegen der Nordtangente, die sowieso niemand bezahlen kann?

Warum ist die Kooperation im Tourismus immer noch so gering?

Weshalb werden die energiepolitischen Bemühungen des Landkreises nicht auf die Stadt ausgeweitet?

Geht es tatsächlich nicht ohne die wiederholten Querelen um die Zweckverbände?

Wann wird die Kooperation im ÖPNV endlich besser - von der gemeinsamen Vermarktung der Landkreis-Offensive bis zur Ilztalbahn?

Wir sind überzeugt, dass sich durch eine systematischere Kooperation Kosten sparen, vor allem aber eine größere Durchschlagskraft entfalten ließen.   

Zum zweiten müssen wir daran gehen Wirtschaftsförderung dort zu verstärken, wo sie nicht oder fast nicht mit Kosten für den Landkreis verbunden ist. Drei Beispiele:

- Verbesserung der Kooperation mit der Uni Passau.

Wirtschaftliche Entwicklung wird künftig fast ausschließlich durch die Entwicklung bestehender Unternehmen erfolgen und nicht durch Neuansiedlungen.
Vor dem Hintergrund der im Vergleich mit anderen Regionen deutlichen Unterakademisierung unserer Betriebe könnte das z.B. auf der Ebene der einzelnen Gemeinden kann das z.B. dadurch geschehen, dass sich die Bürgermeister gemeinsam mit den örtlichen Unternehmen eine Art Praktikantenprogramm für Gymnasiasten schaffen mit dem Ziel, dass unsere Jugend, wenn sie dann woanders studiert, den Kontakt mit den Unternehmen des Passauer Landes behält.
Das Konzept der Uni Technik Plus hätte für uns den Vorteil, dass die starke Nutzung der Potentiale der Uni auch, ja gerade für unsere mittelständischen Unternehmen forciert werden könnte.
Jetzt sollten wir gemeinsam den nordöstlichen Landkreis unterstützen in seinem Bemühen, Wirtschaft und angewandte Wissenschaft zusammenzubringen, wie dies ja die Gemeinde Ruhstorf kürzlich gezeigt hat. 

Hier wäre auch das Geld des Landkreises besser angelegt als in 100 Meter neuer Straße!

- Planerische Förderung der Windenergie im Bayerischen Wald.

Nachhaltigkeit heißt vor allem, dass der Landkreis seinen Energiebedarf langfristig selber aus erneuerbaren Energien gewinnt.
Der hierzu geschaffene Arbeitskreis Energie arbeitet gut und wir glauben, dass wir von diesem zukünftig erhebliche Impulse erwarten dürfen.
Die Grünen halten es aber auch für dringlich, dass in Zukunft die Windenergie im Bayerischen Wald die gleichen Chancen erhält wie Biomasse oder Geothermie.
Es ist nicht nur so, dass es ohne die Nutzung des Windes nicht gehen wird, sondern es ist aus einer Vielzahl von Untersuchungen auch bekannt, dass zwar manche Einheimische ihre ästhetischen Probleme mit Windkraftanlagen haben, der Tourismus aber nicht darunter leidet.
Hier wüsste ich gerne, wie der Landrat im Konflikt zwischen Landschaftsästhetik und energiepolitischer Notwendigkeit diese Frage voranbringen will. Bisher passiert hier zu wenig.  

- Wohlwollende Begleitung der Wiederinbetriebnahme der Ilztalbahn.

Fest steht, dass die Ilztalbahn für die Anbindung des Tourismus im südlichen Bayerischen Wald in Richtung Passau und Nationalpark eine vergleichbare Rolle spielen könnte, wie die Waldbahn im nördlichen Bayerischen Wald.
Wir sind froh, dass die Diskussion um die Förderung der Ilztalbahn nunmehr in ruhigeren Bahnen zu laufen scheint. Ab dem Sommer fährt die Ilztalbahn im Sommer fahrplanmäßig an Wochenenden.
Ich denke, dass die Ilztalbahn - wie auch die Lokalbahn Passau-Hauzenberg - nicht nur als touristische Attraktion selbst einen Wert haben wird, sondern dass sie auch die touristische Attraktivität des südlichen Bayerischen Waldes insgesamt erhöhen wird.
Deshalb sollte der Landkreis die Wiederaufnahme positiv begleiten.

 

Natürlich ist es ziemlich angenehm, einfach mal alles zu fordern, wer aber die knappen Finanzmittel ernst nimmt, der muss bereit sein, künftig Wichtiges von weniger Wichtigem trennen.

Aus welchen Gründen die Grünen in diesem Zusammenhang Straßenbaumaßnahmen einen geringen Stellenwert zumessen, habe ich im letzten Jahr bereits ausführlich dargestellt.

Anders als in den 60er oder 70er Jahren hat der Bau schneller Straßen hin zu den Zentren eher einen Drainageffekt in der Fläche, fördert kurzfristig die Pendler- und langfristig die Abwanderungsbereitschaft.

Als Mittel der Wirtschaftspolitik sind vor allem in keiner Weise geeignet, die Unternehmenspflege vor Ort - die ich oben beispielhaft skizziert habe, zu ersetzen.

Die ökologische Problematik vieler der von der Kreistagsmehrheit immer wieder geforderten Straßenbaumaßnahmen muss ich hier ja nicht ausdrücklich betonen - beispielhaft sei hier auf die Nordtangente verwiesen. Und was der übertriebene Ausbau der Staatsstraße bei Hundsdorf soll, vermag wohl auch ein eingefleischter Autonarr nur schwer zu begründen.

Wenn wir uns die Zahlen der Verkehrsteilnehmer anschauen, so muss zudem festgestellt werden, dass bei den meisten Projekten der Bedarf verkehrspolitisch nicht gegeben ist. Das hat jedenfalls was den nördlichen Landkreis angeht, viel mit der Fokussierung des Verkehrs - gerade wegen der Schul- und Berufspendler -  auf die Stadt Passau zu tun.

Deshalb bin ich durchaus dankbar, dass die Zeiten finanzieller Nöte bei vielen von Ihnen das Bewusstsein dafür geschärft hat, dass wir unser Geld im Wesentlichen nicht mehr für Aus- und Neubauten ausgeben können, sondern dass wir sehr viel erreicht haben, wenn wir die bestehenden Straßen erhalten. Ich hoffe dieser Lerneffekt bei Ihnen wird ein nachhaltiger sein!

Auch die Grünen unterstützen den Bestandserhalt - ich gehe davon aus, dass nicht nur wir, sondern alle Landtagsfraktionen in den derzeit laufenden Beratungen zum DHH 2011/2012 zusätzliche Mittel für den Bestandserhalt der Kommunalstraßen einfordern werden.

Wenn wir aber erkennen, dass die Zeit der Straßenneubauten auf kommunaler Ebene langsam zum Ende kommt, dann sollten wir auch nicht so unehrlich sein und vom Freistaat immer neue Mittel für immer neue Straßen einfordern. Wenn wir diese Forderungen ernst nehmen würden, wären das auf Bayern hochgerechnet viele Milliarden - Geld, das das Land nicht hat. Das wissen wir alle.

Dies gilt im Übrigen auch für den Bau eines Radweges zwischen Obernzell und Jochenstein:
Er ist viel zu teuer.
Er ist ökologisch gerade im engsten Bereich zwischen Obernzell und Kohlbachmühle sehr problematisch.
Er bringt keinen Sicherheitsgewinn für Wanderer und Radfahrer, die sich künftig gemeinsam einen Weg teilen müssten, wo heute die Fußgänger hinter den Leitplanken gehen.

Und das gilt natürlich auch für die regelmäßigen Subventionierungen und unregelmäßigen Investitionszuschüsse des Landkreises für den Flugplatz in Vilshofen.
Für die Betriebe ist er keineswegs so dringend, wie immer dargestellt und wer in seiner Freizeit fliegen will, der mag fliegen: Aber bitte nicht auf Steuerzahlerkosten und auf Kosten des Landkreises.

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Die Grünen werden dem Kreishaushalt auch zustimmen, weil es in der Landkreispolitik durchaus auch eine Fülle positiver Ansätze gibt. Ich nenne nur:

den hohen Stellenwert, den die Investitionen in unsere Schulen trotz Finanzknappheit nach wie vor haben,

die Arbeit des Arbeitskreises Energie als Motor für eine nachhaltigere Landkreispolitik,

die Bemühung des Landkreises um ein flächendeckendes leistungsfähiges Internet im Landkreis, womit wir dort ansetzen, wo die Landespolitik jahrelang versagt hat und wo uns in Zukunft möglicherweise auch die EU Knüppel zwischen die Beine werfen wird,

die Präventionspolitik im Bereich der Förderschulen,

das große kulturelle Engagement von der Kreismusikschule bis zum Open Air in Hauzenberg,

Ausbau und bessere Vertaktung des ÖPNV, künftig sinnvollerweise unter Einbeziehung von ITB und später auch vielleicht der Hauzenberger Lokalbahn.

Und auch der Sinneswandel in Sachen Schanze Rastbüchl. Ich erinnere mich gut, wie ich sagte: Breitenberg und der Landkreis Passau können die Sanierung der Schanze Rastbüchl finanziell nicht stemmen. Und wie die euphorischen "Für Severin, Michi und Baptist tun wir alles"-Jünger mich daraufhin - wenig charmant - zum Totengräber der Schanze ausriefen.

Jetzt scheint die ungehemmte Euphorie, ja gottseidank einer realistischeren Betrachtung gewichen zu sein, so wie ich sie im letzten Jahr angemahnt hatte. Damit dieser Lernprozess nachhaltig wird, wiederhole ich hier nochmals: Die Generalsanierung der Schanze ist eine Aufgabe von Land und des Deutschen Olympischen Sportbundes und nicht unserer Region!  

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir stimmen dem Haushalt zu. Mit dieser Zustimmung verbinden wir natürlich auch die Hoffnung,  dass unsere eben geäußerte Kritik auf fruchtbaren Boden fällt und dass sich der Landkreis künftig stärker in die von uns skizzierte Richtung bewegen wird.

Und wir erkennen damit die gute Arbeit unseres Kreiskämmeres Herrn Dorschner und seines Teams an.

Und einen letzten Satz noch: Ich bin ja mal gespannt, ob die CSU - wenn wir demnächst mal eine grüne Landrätin haben - auch wie wir das Verbindende suchen und zustimmen wird oder ob Sie dann lieber das Trennende finden wollen.

Vielen Dank!

Kategorie

Finanzen

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