Bündnis 90/Die Grünen

Landkreis Passau

Die Corona-Warn-App und ihre Tücken

App stößt bei Familien an ihre Grenzen – Verwirrung um QR-Codes

20.09.20 –

Vier Personen, drei Corona-Tests, ein kompatibles Smartphone: Eine Familie aus Neuhaus am Inn musste feststellen, dass die Corona-Warn-App nicht familienfreundlich ist.

Grünen-Kreisvorsitzender Dirk Wildt lebt mit seiner Partnerin und zwei Kindern (sieben und zehn Jahre alt) in Neuhaus am Inn. Als Frau und Kinder nach einem Fahrradurlaub in Österreich Erkältungssymptome zeigen, ließen sich die drei am Sonntagmorgen auf Corona testen. Ein Arzt des Kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes kam zu ihnen nach Hause, nahm die Abstriche an der Tür und überreichte Infozettel mit drei QR-Codes. Diese wollte die Familie in die Corona-Warn-App eingeben, um schnell ein Ergebnis zu erhalten – und stand damit vor einem Problem.

"Unsere Kinder haben keine Handys", erklärt Dirk Wildt gegenüber der PNP. "Ich selbst besitze ein Android-Handy, auf dem die Warn-App nicht funktioniert." Übrig blieb nur das Smartphone seiner Partnerin. Darauf hat die Familie die App installiert und wollte die drei QR-Codes am Sonntag eingeben, begonnen mit den Codes der Kinder. Bereits bei der zweiten Eingabe musste er aber feststellen, dass die App überfordert war. Ein zweiter Code konnte nicht hinterlegt werden.

Also löschte Wildt den ersten Code wieder, scannte den zweiten, löschte auch diesen und hinterlegte als letztes den Code seiner Partnerin. Bei jedem gescannten Code erhielt er am Sonntag den Hinweis: "Der Test ist registriert, ein Ergebnis liegt noch nicht vor."

Am Dienstag verkündete die App, dass der zuletzt eingescannte Test, der der Partnerin, negativ ist. Als Wildt erneut die Codes der Kinder eingeben will, heißt es in der App: "Der QR-Code ist nicht gültig oder verbraucht." Einen Hinweis, dass der Code vernichtet ist und nicht wieder verwendet werden kann, wenn er aus der App gelöscht wird, gab es nicht. Ob die Kinder infiziert sind, weiß die Familie daher nicht und stellt Nachforschungen an. Beim Kassenärztlichen Bereitschaftsdienst lagen am Dienstag die Ergebnisse der Kinder noch nicht vor.

Wildt kann sich zwei Optionen vorstellen: Entweder gibt es ein Problem mit der App oder sie kommt durcheinander, wenn eine Familie alle QR-Codes mit einem Handy verwalten muss. "Letzteres wäre eine ziemlich doofe Dysfunktionalität", sagt Wildt.

Auf Nachfrage der PNP heißt es von Seiten der Pressestelle der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV): "Uns sind keine Probleme bezüglich der QR-Codes bekannt." Die KBV sei aber in die Warn-App nicht eingebunden. Auch beim Robert-Koch-Institut (RKI) sind keine Probleme bekannt. Doch die Informationsstelle bestätigt der PNP Wildts zweite Vermutung: In der App sei jeweils nur ein Code hinterlegbar, die App sei auf einen Nutzer pro Smartphone ausgelegt. Denn: Das Kernziel sei das Unterbrechen der Infektionsketten.

"Zu diesem Zweck erhalten nachweislich positiv getestete Personen die Möglichkeit, diejenigen zu warnen, mit denen sie epidemiologisch relevante Begegnungen hatten", führt eine RKI-Sprecherin aus. Dafür gehe die App davon aus, dass ein Nutzer das Smartphone (hauptsächlich) verwende und bei Begegnungen mit anderen Menschen mit sich führe. Würden mehrere Personen das gleiche Smartphone nutzen, wäre schwer bzw. nicht nachvollziehbar, wer in der relevanten Situation mit der App unterwegs war. Die Risikobewertung in der App könne dann nicht der richtigen Person zugeordnet werden.

Dass Testergebnisse automatisch übermittelt werden, ist eine zusätzliche Funktion, die die App bietet, erklärt die Sprecherin weiter. Positiv getestete Personen können so schneller als auf konventionellem Weg informiert werden, Infektionsketten werden schneller unterbrochen. Denn die positiv Getesteten können ihr Verhalten entsprechend anpassen.

Damit ist das Problem von Dirk Wildt und seiner Familie nicht gelöst. Denn, wie sollen Familien verfahren, wenn nur ein Code hinterlegt werden kann? "Wir verstehen die Problematik", äußert sich die RKI-Sprecherin, als die PNP den Fall schildert. "Leider gibt es dafür – aus den genannten Gründen – keine Lösung in der App." Die Sprecherin weist aber darauf hin, dass jede getestete Person zeitnah auch auf den etablierten Wegen über ihr Testergebnis informiert wird.Vom Arzt, der die Abstriche genommen hatte, weiß Wildt, dass es sein kann, dass man im Falle eines negativen Tests gar nicht benachrichtigt wird. Dann ende die Quarantäne automatisch nach fünf Tagen. Darauf verlassen würde sich Dirk Wildt nicht.

Am Dienstagabend konnte der Arzt der Familie bestätigten, dass Mama und ein Kind negativ getestet wurden. Das Ergebnis des zweiten Kindes kam schließlich am Mittwochmorgen – ebenfalls negativ. Bis dahin blieb die gesamte Familie in Quarantäne. "Solange nicht klar ist, dass auch unsere Kinder nicht mit dem Virus infiziert sind, verhalten wir uns, wie wenn auch für uns Quarantäne gelten würde", sagte Wildt am Dienstag gegenüber der PNP. "Wir wollen auf der sicheren Seite sein. Alles andere wäre nicht verantwortungsvoll."

Die ganze Situation war für die Familie zwar ärgerlich, aber nicht so tragisch, sagt Wildt. Der tatsächliche Schaden sei relativ gering ausgefallen. Doch sie hätten sich auf die App verlassen. "An Familien wurde nicht gedacht." Man könne nicht davon ausgehen, dass jedes Kind ein Handy besitze. Wildt wüsste eine Erleichterung für Familien: "Indem man auf dem Hinweisblatt erwähnt, dass pro App nur ein Code gescannt werden kann und in der App der Hinweis erscheint, dass der Code nicht ein zweites Mal hinterlegt werden kann, wenn er einmal gelöscht wurde."

Quelle: Passauer Neue Presse vom 17.09.2020
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Kategorie

Gesundheit

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