Bündnis 90/Die Grünen

Landkreis Passau

Alles auf die Grüne Wiese?

Führen die Einkaufszentren am Rande des Marktes zur schleichenden Verödung des Zentrums? Vortrag in Tittling, 22.11.2013

25.11.13 –

 

1.     Märkte auf der Grünen Wiese das heißt: Flächenfraß in Bayern

a)     Dimension

·             Deutschland: Immer noch gehen jeden Tag ca. 90 ha landwirtschaftliche Nutzfläche in Deutschland durch Gewerbe-, Siedlungs- und Infrastrukturmaßnahmen verloren, ca. 31.000 ha im Jahr.

           In zweieinhalb Jahren der Chiemsee, in 10 Jahren der Bodensee

·             Bayern ist mit Abstand Spitzenreiter beim Flächenverbrauch in Deutschland, rund ein Viertel des gesamtdeutschen Versiegelung

                 In nur 18 Jahren wurde Bayerns Siedlungsfläche um 51% ausgeweitet.

 

b)     Die Folgen:

·               Landschaft und Natur. Es werden verloren:

#                 fruchtbare Böden für die Landwirtschaft

#                 ökologisch wertvolle Flächen

#                 Biotopverbünde werden durch Straßen und großflächigen Beton zerschnitten

·               Versiegelung und Hochwasser:

Wirksamer Hochwasserschutz findet breit in der Fläche statt. Immer höhere Deiche sind dafür nicht tauglich. Je mehr verdichtet und versiegelt wird, umso schlimmer kommen die Hochwasser, die durch den vom Menschen bisher völlig ungebremst verursachten Klimawandel ohnehin über immer mehr Starkregen-Ereignisse verursacht werden.

 

2.     Einkaufsmärkte auf der Grünen Wiese

a)     Gesichtslose, strukturlose Nicht-Orte - Ästhetik.

·               Kennen Sie Passaus schönste Meile? Die lag laut Werbung nicht in der Altstadt sondern das war die Steinbachstraße, dort wo der ehemalige Hiendl liegt. Hässlich sind diese Konsumtempel auf der Grünen Wiese wohl immer.

·               Im Einzelfall kann dazukommen,

#                 dass das Einkaufszentrum an einer landschaftlich reizvollen Stelle liegt,

#                 dass es das Ortsbild beschädigt.

b)     Nur mit dem Auto erreichbar. Folgen:

·               mehr motorisierter Verkehr, im Einzelfall auch erhebliche lokale Verkehrsprobleme

·               soziale Verarmung, weil Menschen von der eigenen Garage bis zum Parkplatz niemanden sehen. Das Schwätzchen auf der Straße unterbleibt.

c)     Flächenversiegelung in großem Umfang. Dessen Problematik habe ich eben schon angesprochen.

 

3.     Die Folgen:

a)     Ökonomische Folgen:

·               Konkurrenz belebt das Geschäft?

Blödsinn! Der Einzelhandel und insbes. der Lebensmittel-Einzelhandel ist ein reiner Verdrängungswettbewerb.

Ökonomisch handelt es sich um ein Nullsummenspiel, was der eine gewinnt verliert der andere, weil die Konsumausgaben der einzelnen Haushalte wegen eines Einkaufsmarktes weder von der Höhe noch von der Struktur wesentlich ändern werden.

·               Negative Arbeitsplatzeffekte

Große Supermärkte kommen je erzielten Umsatz mit deutlich weniger Personal aus, als die herkömmlichen Geschäfte. Das ist ein wesentlicher Teil ihres Geschäftsmodells. Sie schaffen also natürlich Arbeitsplätze (vor allem für gering qualifizierte im Niedriglohnbereich), aber man muss damit rechnen, dass eine größere Zahl Arbeitsplätze in den eingesessenen Betrieben verloren gehen.

Der Nettoarbeitsplatzeffekt ist also bei dem zu erwartenden Konsum-Nullsummenspiel negativ.

·               Gefahr von Gewerberuinen

Die Märkte sind nach zehn Jahren, also ziemlich schnell abgeschrieben. Deshalb ist auch zunehmend mit Gewerberuinen zunächst bei den verdrängten Altbetrieben, mittelfristig aber auch bei den Supermärkten selber zu rechnen, die von noch größeren verdrängt werden (Bsp. Strasskirchen: Supermarkt an der B12 verdrängt Dorfladen und wird demnächst durch noch größere Konkurrenz in der eigenen Gemeinde selbst zur Ruine.

b)     Nullsummenspiel heißt: Die Verödung der Innenorte

·               Die Leute kaufen hier nicht mehr die wesentlichen Dinge ein und von dem, "was ich vergessen habe im Supermarkt" kann innerorts niemand leben.

·               Ankerläden verschwinden in den Ortskernen

·               In der Folge kommen die Leute noch weniger.

·               Das Marktzentrum stirbt als Einkaufsort (ökonomisch) und damit auch als Zentrum des Dorflebens (sozial).

·               Beispiel Obernzell: Dort stehen auf dem wunderschönen Marktplatz mittlerweile rund 50% aller Läden leer.

 

4.     Wollen die Leute das?

a)     Ich bin der festen Überzeugung, Menschen wollen ein lebendiges Dorfzentrum, auch in Tittling. Ein lebendiges Dorfzentrum ist aber ein öffentliches Gut.

b)     Das ist ein Begriff aus der Wirtschaftswissenschaft, mit dem staatliches Handeln begründet wird. Was heißt das?

Öffentliche Güter haben die Eigenschaft, dass sie die Menschen wollen, aber sie nur dann entstehen, wenn alle bereit sind, dafür etwas zu leisten. Bsp Straße (keiner baut eine Straße, obwohl alle ein Straßennetz brauchen, Bsp. Sicherheit)

Das ist bei Einkaufszentren auf freiwilliger Ebene nicht zu schaffen, denn: Wenn die Läden erst mal da sind, sind sie etwas bequemer und viele fahren mit dem Auto dorthin und kaufen dort ein.

Für den einzelnen stellt sich der Umgang mit dem öffentlichen Gut "lebendiger Ortskern" nämlich so dar: "Nur dadurch, dass ich im Einkaufszentrum kaufe, werden die Läden im Innenbereich nicht pleite gehen.

c)     Weil aber viele so handeln, kommt es genau dazu: Die Läden gehen pleite.

d)     Das ist das Problem aller öffentlichen Güter. Deshalb muss das die öffentliche Hand richten.

e)     Das LEP hat hier gezeigt, dass es der CSU völlig egal ist, ob wir einen Siedlungsbrei in Bayern bekommen oder nicht.

·               Die Aktualisierung des LEP stand ganz unter dem Motto "Deregulierung". Dazu zählte auch eine starke Aufweichung der Vorgaben für Einzelhandelsgroßprojekte. Die dürfen künftig für Nahversorgungsbetriebe bis 1200 m² Verkaufsfläche generell in allen Gemeinden zugelassen werden, also z.B. auch in Preying an der B85 könnte jetzt von Gesetzwegen so was gebaut werden.

·               Damit werden bisher noch geltende und schon in den Vorjahren aufgeweichte Grenzen noch weiter reduziert, mit allen negativen Folgen von weiter wachsenden Flächenversiegelung bis hin zur Zerstörung traditionellen Kleinbetriebe (Metzger, Bäcker).

·               Von der CSU, von Horsti und Konsorten ,die sich allzu gerne mit der ursprünglichen Schönheit Bayerns brüstet ist also keine Unterstützung zu erwarten, wenn es darum geht, die Schönheit für die nachfolgenden Generationen zu schützen, sie zu erhalten.

·               Deshalb: Es sind die Gemeinden, die sich selber entscheiden müssen. Und meine Meinung nach all dem gesagten ist klar:

Nein zu weiteren Einkaufsmärkten auf der Grünen Wiese und ja zur Belebung der Ortskerne. Das wäre der Handlungsauftrag für die Gemeinde - für den Gemeinderat und gegebenenfalls auch für die Bürgerinnen und Bürger mit einem Bürgerbegehren.

·               Dabei sind Absprachen mit Nachbargemeinden sinnvoll, damit nicht die eine Kommune versucht, sich auf Kosten der Nachbargemeinde zu bereichern. Dabei gehen dann beide Ortskerne kaputt.

f)      Ruderting zeigt z.B. wie es gehen kann und der Ort seine Versorgung innen behält und er innen lebendig bleibt.

g)     Und Salzweg zeigt, man durch die Verlagerung der Konsumströme an die B12 einen Ort kaputt macht.

 

Hart formuliert: Supermärkte an der Peripherie und Belebung der Innenorte durch Dorfentwicklung schließen sich aus.

 

Eike Hallitzky

 

Kategorie

Wirtschaft

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